Harlan Coben: Was im Dunkeln liegt, Aus dem Amerikanischen von Gunnar Kwisinski, Goldmann Verlag, München 2022, €16,00, 978-3-442-20631-5
„Im Grunde hatte er nur erfahren, dass ein Reality-Star gelogen hatte. Das war alles andere als eine weltbewegende Erkenntnis.“
Wer für Reality-Formate schwärmt und allzu gern ins Leben anderer eintaucht, der ist mit diesem Krimi nicht gut bedient. Denn Harlan Coben zeigt auf realistische Weise, wie perfide Produktionsfirmen ihre Kandidaten manipulieren und Menschen, die es genießen, endlich mal im Mittelpunkt zu stehen, alles dafür zu tun, dass der Hype um die eigene Person nicht abbricht.
Ebenso zeigt der bekannte amerikanische Autor wie verletzend ein öffentlich geführtes Leben ist und was geschieht, wenn perfide Lügen eine Existenz zerstören.
Auf vielen Umwegen findet der Anfang vierzigjährige Privatdetektiv Wilde, eine Figur, die bereits in Harlan Romanen auftaucht, über eine Website, die sich mit Ahnenforschung beschäftigt, seinen Vater und einen anderen Verwandten, Peter Bennet. Wilde, „der moderne Mogli“, ist das bekannte Kind, dass einst als Kleinkind über Jahre im Wald überlebt hat. Neugierig auf seine Herkunft trifft sich Wilde mit seinem Vater, der mit seiner Familie in Nevada lebt und ihm wirklich sehr ähnelt. Wer Wildes Mutter ist, kann der Vater, der eine sexuell ungezügelte Zeit als Armeeangehöriger in Europa hatte, angeblich nicht sagen.
Der andere Verwandte, offensichtlich ein Cousin, den Wilde zu gern kontaktieren möchte, hat sich angeblich selbst getötet. Als zentrale Figur in der Reality-Show namens „Love Is A Battlefield“ ist sein Stern erst aufgestiegen, um dann tief zu sinken. Er hat sogar für die Fernsehshow seine Partnerin Jenn geheiratet. Alle Fans sind davon ausgegangen, dass es die große Liebesheirat war. Schaut man genauer hinter die Kulissen, ergibt sich allerdings ein ganz anderes Bild. Schlagartig war das Interesse an dem Paar beendet, als Jenns Schwester verbreitet, dass Peter Bennet sie angeblich missbraucht hat.
Peter ist nach dem Skandal in den Sozialen Medien abgetaucht. Wilde, der sich zu gern mit ihm getroffen hätte, begibt sich nun auf die Suche und befragt Peters Familie, die eine nicht unerhebliche Rolle bei Peters Showkarriere hat. Dass Peter adoptiert worden ist, ist eines der Geheimnisse, das durch die Ahnenwebsite ebenfalls öffentlich wurde.
Parallel zur Handlung rund um Wildes Recherchen werden die Lesenden über eine illegale, wie anonyme Organisation namens „Boomerang“ informiert, die es sich zur Aufgabe gemacht hat, Menschen, die andere im Netz beleidigen und demütigen, zu strafen. Richtig fies war ein ehemaliger, hoch dekorierter Polizist, der natürlich anonym die miesesten Kommentar auch gegen Peter verfasst hat. Er wird das erste Opfer in einer Reihe von Morden sein, bei denen Menschen, die anderen online geschadet haben, mit drei Kopfschüssen ums Leben kommen. Die nächste Leiche wird die einer FBI-Agentin sein, die bei „Boomerang“ aktiv bei der Selbstjustiz mitgemacht hat und außerdem absoluter Fan der Reality-Show mit Peter ist.
Wie skrupellos die Produzenten ihre Akteure agieren lassen, scheint die wenigsten zu schocken. Peter Bennet jedenfalls hat sich, auch wenn es auf seinem Account so aussah, das Leben genommen. Doch was haben nun Peter, die Show und vor allem „Boomerang“ miteinander zu tun?
Wilde wird es herausfinden und er wird Licht in seine Vergangenheit bringen, auch durch die Hilfe seines Vaters.
Wie immer spannend erzählt, gesellschaftskritisch und ehrlich!