Seraina Kobler: Tiefes, dunkles Blau – Ein Zürich Krimi, Diogenes Verlag, Zürich 2022, 272 Seiten, €16,00, 978-3-257-30091-8

„Der See hatte für Rosa eigentlich eine große tröstende Kraft. Denn in jeder seiner Wellen war die Einsicht enthalten, dass wir uns nur ein kurzes Leben lang gegen die Unendlichkeit erheben – um dann in einer sanften Woge wieder abzuebben.“

Die Ermittlerin der Seepolizei ist die achtunddreißigjährige Rosa Zombrano. Ihre letzte dauerhafte Beziehung mit Leo ist zerbrochen, denn Rosa will unbedingt ein Kind. Als ihre Schwester Alba von der Geburt ihres Kindes mit der Freundin berichtet, kann sich Rosa nicht dazu entschließen beide zu besuchen. Zu tief ist der Schmerz, kein Baby zu haben.
Als Rosa dann ihre Eizellen in der Klinik von Moritz Jansen einfrieren lässt,

ahnt sie nicht, dass er das kommende Mordopfer sein wird.

Seraina Kobler erzählt von einem heißen Sommer in Zürich. Die Autorin liebt Adjektive und das atmosphärische Beschreiben von Gärten, Einrichtungen und vor allem wunderbares Essen. Rosa als Feinschmeckerin liebt die internationale Küche und sie wohnt in einem historisch beeindruckenden Gemäuer nebst dem so genannten Schwarzen Garten. Ihre Freundin Stella ist Töpferin und Freund Ricki als Schauspieler ( Er spielt gerade „Die Physiker“. Deutet auf Rosas Fall hin! ) trifft sich mit Erik, einem Arzt. Rosas geschiedene Mutter scheint ein bunter Vogel zu sein. Sie spielt, wenn sie Lust hat, Akkordeon auf der Straße, raucht indische Zigaretten und schaut auf ein Hippie-Leben zurück.

Tief im Wasser wird die Leiche des Arztes unweit einer Yacht entdeckt. Es wird immer klarer, dass er nicht durch einen Unfall in die Schlingen des Seegrases gelangt ist, sondern dass Moritz Jansen vergiftet wurde.

Rosa arbeitet gemeinsam mit ihrem nicht gerade sympathischen Kollegen Martin Weiss an diesem Fall, mit dem sie einen One-Night-Stand hatte, man kennt sich von früher. So richtig froh werden die beiden als Paar nicht, denn Martin stellt nach der Nacht klar, dass er sich momentan bereits in einer schwierigen Beziehung befindet. Rosa ist etwas ernüchtert, arbeitet mit ihm aber trotzdem auf einer sachlichen Ebene weiter.

Auf der Yacht fand offenbar mit einer Frau von einem Escort-Service eine Party statt. Allerdings wissen die Ermittler, dass der in Scheidung lebende Arzt ( Seine Frau ist ziemlich wütend auf ihren noch Ehemann. ) eine feste Freundin hat, die sich auf einer Tour in die Berge, um sich mal von den sozialen Medien zu befreien, unterwegs ist. Bedient wird hier auch wieder das Klischee des Mannes in den besten Jahren mit sehr junger Geliebten.

Moritz Jansen arbeitet jedoch nicht nur in der Klinik, er ist auch in einer Firma namens CRISPR – Cure gemeinsam mit seiner einstigen Kommilitonin Marie Duval tätig. Das Forschungsprojekt ist die Generforschung, ein heikles Unterfangen. Jansen wurden die Vorhaben der Firma, die durch ihre Versuchsreihen Genmanipulationen natürlich gegen Erbkrankheiten vornehmen wollten, dann doch zu gefährlich.
Die Lesenden wissen indessen, dass Jansen bei seiner Freundin, Alina Orlow, einen Stick versteckt hat und sie wissen um das Geschlecht des Angreifenden im Wasser. Was hinter all diesen Informationen steckt, die die Lesenden bereits vor der Polizei erfahren haben, müssen die Ermittler in akribischer Kleinarbeit, aber auch in Befragungen klären.

Seraina Kobler langweilt ihre Zielgruppe nie mit langer Polizeiarbeit oder Recherche, unnötiger Gewalt oder wissenschaftlichen Disputen. Sie schweift in diesem heißen Sommer lieber in die kühlen Gärten ab oder zu Treffen mit Freunden und zum Palestine Grill, der ausgenommen schmackhafte Sandwiches, genannt Sabich mit Amba-Sauce zubereitet. Am besten dazu schmeckt eine eiskalte Rosenlimonade. Wieder etwas gelernt. Ach ja, interessant ist auch der Backvorgang, immerhin mit Magie, der pastéis.

Zugegen, der Fall um den Frauenarzt ist nicht sonderlich spannend und die Grundidee des Konfliktes, der zu einem Mord führt auch nicht.
Aber für die atmosphärisch so dichte Darstellung von Rosas Alltags-, Familien- wie Liebesleben mitten in Zürich lohnt sich die Lektüre.