Tomás Bento: Tod auf Madeira, Comissário Torres löst seinen ersten Fall, Ullstein Verlag, Berlin 2021, 366 Seiten, €10,99, 978-3-548-06431-4
„Wer hätte gedacht, dass sich in einer harmlosen Gruppe von Wanderfreunden mittleren Alters solche Abgründe auftun würden?“
Die portugiesische Insel Madeira ist, keine Frage, auf jeden Fall eine Reise wert. Nicht nur das milde Klima lockt tausende Touristen an, sondern auch die herrlichen, nicht ungefährlichen Levadas und die freundlichen Menschen. Über Jahre reisen die Freundinnen von Britta aus Hamburg nun mit Ehemännern nach Calheta. Sie lieben alle traditionellen Speisen, die Madeira zu bieten hat, angefangen vom Portwein, über Ponca, dem schwarzen Degenfisch oder den verführerischen Kuchen wie Pastéis de Nata. Dieses Jahr reist auch Brittas beste Freundin Laura Flemming mit. Ihr Professorenmann hat sich eine junge Studentin angelacht und so ist etwas Abstand das beste.
In der Reisegruppe scheint die Atmosphäre etwas angespannt, so Lauras Eindruck. Da sind die esoterisch angehauchte Mariella, die mit ihrem Ehemann Philip dabei ist. Er arbeitet als Lehrer, genauso wie Inga. Ingas Mann betreibt einen nicht gerade gut gehenden Ökoladen in Altona.
Georg und Antonia sind dabei, er ist im Arbeitsamt tätig, sie in einem Reisebüro. Weiterhin hat sich der Reisegruppe auch Yannick angeschlossen, allerdings ist er der Fitnesstrainer, der die Woche über die lahmen Großstadtmenschen zum Wandern animieren soll.
Bei der ersten Wanderung zum Wasserfall von Risco geschieht dann das Unglück. Stefan erleidet einen allergischen Schock. Da er sein Notfallset nicht findet, stirbt er an Ort und Stelle.
In seinem Honigkuchen, seinem Bolo de mel, hatte der Mörder Erdnüsse platziert. Stefan ist nicht der freundlichste Zeitgenosse. Schon am ersten Tag fallen seine Spitzen gegen alle anderen auf, besonders was Philips Trinksucht anbelangt. Mauricio Torres nimmt die Ermittlungen auf, nachdem Mariella und auch Laura nicht an einen Unfall glauben. Mariella hatte ein Verhältnis mit Stefan, nachdem ihr Mann sich im Selbstmitleid verloren hatte. Nach und nach offenbaren die deutschen Touristen aus Hamburg immer mehr Geheimnisse, die sie mit Stefan teilen mussten. Es ging um Erpressung und Geldzahlungen, die sich der Rastalocken tragende „Gutmensch“ ergaunerte.
Je mehr die Leser und Leserinnen von den Ehen der nach außen hin so normalen Hamburger erfahren, um so verlogener erscheint dieser Wanderurlaub mit Freunden. Immer wieder muss sich Laura von Brittas Freunden gemeine Anschuldigungen anhören, dass sie, die neben Philip ebenfalls Portugiesisch spricht, dem Comissário Torres nur zur Seite steht, um Stoff für ihre Krimis zu sammeln. Wenn sie ehrlich ist, dann macht sie sich schon so einige Notizen.
Letztendlich wird dieser Fall natürlich gelöst und aus der Antipathie zwischen Laura und dem Ermittler wächst langsam Respekt und vielleicht auch mehr.
Tomás Bento mixt seinen spannenden Whodonit- Krimi aus ganz verschiedenen Ingredienzien. Zum einen spielt Madeira mit seinen touristischen Attraktionen eine Rolle. Immer wieder legt er seinen Figuren Texte in den Mund, die auch Touristenführer gern abspulen. Zum anderen schaut er hinter die Fassaden der guten Hamburger, die sich angeblich vieles leisten können und doch ihr Leben auf Lügen aufbauen. Manchmal rutscht die Sprache leider ins Kitschige und die portugiesische Gefühlslage der Saudade, dieser Form des Weltschmerzes, wird zu oft zu dick aufgetragen. Zum Glück gibt es kein Kapitel zu Cristiano Ronaldo!
Aber gut, Madeira ist wundervoll, und so macht es auch Spaß, mit den Figuren sich an all die touristischen Höhepunkte der Insel zu erinnern, und mit ihnen über die Straßen des Paradieses aus Vulkangestein zu laufen.