Caroline Hulse: Der Ausflug, Aus dem Englischen von Tea Schwaner und Iris Hansen, Rütten&Loening im Aufbau Verlag, Berlin 2019, 445 Seiten, €18,00, 978-3-352-00923-5



„Es lag zu viel Ironie in der Luft, stellte Alex fest. War hier jemand in der Lage, auf irgendetwas authentisch zu reagieren?“

Der Leser weiß von Anfang an, irgendetwas Schreckliches wird geschehen. Die Frage ist nur, wer wird wem etwas antun? Alle Zeichen stehen auf katastrophales Ende als Matt sich endlich traut, Alex zu sagen, dass er mit seiner Ex-Frau Claire ausgemacht hat, dass sie alle zum Wohle des gemeinsamen Kindes Scarlett zusammen in ein Weihnachtsparadies fahren. Und das für fünf Tage! Alex nahm natürlich an, wenn Matt von einem Wochenende spricht, dass es nur zwei maximal drei Tage sind. Doch nun wird sie mit ihrem neuen Freund Matt, seiner siebenjährigen Tochter Scarlett, deren Fantasiefreund Posey, seiner Ex-Frau Claire und ihrem neuen Freund Patrick gemeinsam Weihnachten verbringen. Angeblich war es Claires Idee, doch im Laufe der Zeit erkennt Alex, dass es Matts Vorschlag war, da Claire und er in ihrer Anfangszeit schon mal im Happy Forest Resort waren. Und noch weitere Lügen und auch Notlügen werden aufgedeckt werden, neben unterschwelligen Konflikten, Sticheleien und Animositäten enden die Tage mit einem Pfeil in Patricks Schulter. Dabei hatte Claire in ihrer perfekten Art alles so gut vorbereitet. Sie wollte für alle kochen, ein Kulturprogramm wurde festgelegt und wenn alle sich gut benehmen, dann fliegen die fünf Tage einfach so vorbei. Aber natürlich kommt alles ganz anders.

Der ambitionierte Patrick trainiert für den Ironman, hat es Claire aber noch nicht gebeichtet, denn sie ist dagegen. Alex wird diese vertrauliche Info ausplaudern und viele weitere Geheimnisse kommen ans Licht, die die Paarkonstellationen gnadenlos sprengen werden. Denn wenn Alex etwas trinkt, dann ist sie unberechenbar. Matt, der jegliche Verantwortung gern abgibt und sich wie ein Kind benimmt, umgeht auch gern die Wahrheit, und dass sich Alex hintergangen fühlt, ist kein Wunder. Scarlett führt in Gegenwart aller laute Gespräche mit ihrem gleichgroßen lilafarbenen Kaninchen, dass Alex nicht mag, da sie Wissenschaftlerin ist und sicher Tierversuche durchführt. Alex und Patrick gehen sich mit ihrem Konkurrenzgebaren auf die Nerven, denn einer will, ob beim Monopoly oder beim Sport besser sein als der andere. Als Patrick dann auch noch einen Fasan anfährt, Alex das arme Tier von seinen Qualen befreit und Scarlett alles mit ansehen muss, ist der erste Grundkonflikt gelegt.

Alex entdeckt, dass Matt seiner Ex das gleiche Parfüm geschenkt hat wie ihr, Patrick fühlt, dass Matt eigentlich Claire zurückhaben möchte und jeder macht jedem irgendetwas vor. Niemand ist so freundlich und harmlos, wie er scheinen möchte.

Ein wunderbar spannendes psychologisch gut durchdachtes Kammerspiel zwischen vier im Leben stehenden Erwachsenen und einem Kind, das nach Halt sucht und offenbar kein Vertrauen fassen kann. In präzisen Dialogen und inneren Monologen entlarven sich alle Hauptfiguren und verletzen sich, ein Spiegel unserer Gesellschaft, wo sie nur können.