Jacqueline Woodson: Ein anderes Brooklyn, Aus dem Englischen von Brigitte Jakobeit, Piper Verlag, 160 Seiten, €17,99, 978-3-492-05865-0

„Heute weiß ich, dass nicht der Augenblick tragisch ist. Es ist die Erinnerung.“

Die amerikanische Autorin Jacqueline Woodson hat in diesem Jahr den Astrid Lindgren Memorial Award erhalten.

In der Jurybegründung heißt es: „In Jacqueline Woodsons Büchern kämpfen starke junge Erwachsene um einen Platz im Leben, an dem sie Wurzeln schlagen können. In einer Sprache so leicht wie Luft erzählt sie Geschichten von unfassbarem Reichtum und großer Tiefe.\“

Hauptsächlich schreibt Jacqueline Woodson, deren Werke, immerhin hat sie 30 Titel veröffentlicht, bei uns kaum bekannt, Jugendbücher, aber auch für Kinder und Erwachsene.
Konzentriert und nicht chronologisch erinnert sich im Erwachsenenroman „Ein anderes Brooklyn“ die Ich-Erzählerin August an ihre Kindheit in Brooklyn in den 1970er Jahren. Heute arbeitet die 35-Jährige als Anthropologin und so durchziehen den Text auch Todesrituale aus verschiedenen Regionen der Welt. Mit dem Tod des Vater beginnt der Roman, denn August kehrt in die Wohnung des Vaters nach New York zurück. Der Einstieg in den Gedankenstrom der Erzählerin ist nicht einfach, denn vieles geht durcheinander und es entsteht erst langsam ein Bild von einer Kindheit. August mit der dunklen Hautfarbe stammt aus Tennessee, hier hat sie mit den Eltern und dem jüngeren Bruder in einer zwar heruntergekommenen Gegend gewohnt, aber sie hatten ein Haus, einen großen Garten und einen See in der unmittelbaren Nähe. Die Mutter wird nicht nach Brooklyn ziehen, obwohl die Geschwister immer wieder auf ihre Ankunft hoffen. Nachdem Onkel Clyde in den Vietnamkrieg gezogen ist, konnte die Mutter den Tod des Bruders nicht verkraften.

Seltsam verhalten sich die Nachbarn der Kinder, ärmlich ist das Leben in Brooklyn, aus der die Weißen so nach und nach wegziehen.

August berichtet von den freundlichen Mahnungen des Bruders, der demnächst Vater wird. Sie solle doch endlich auch eine Familie gründen, Kinder bekommen. Sie trifft eine ihrer damaligen Freundinnen, Sylvia und so ploppen wieder neue Erinnerungsbilder auf. Immer wieder hat August als Kind die drei Freundinnen Sylvia, Angela und Gigi beobachtet. Unbedingt wollte sie zu ihnen gehören und schafft es auch. Die drei nehmen sie auf, denn die Traurigkeit des Mädchens August hat sie irgendwie angerührt.

Die Mädchen spüren die Kraft ihrer kleinen Gemeinschaft, die jedoch im Teenageralter zerbrechen wird. Latent ist immer die Gefahr für die jungen Frau da, in die Fänge der Männer zu geraten, was auch geschehen wird. Schnell müssen sie erwachsen werden. Nur zwei schaffen es, sich aus dem Viertel zu befreien.

Man braucht Zeit, um sich in die Sprache und die Gedankenwelt der Autorin einzulesen, aber dann ist es wie ein Sog, wenn man plötzlich ganz nah mit August in Brooklyn verweilt und Anteil an allem nimmt, was ihr und den Freundinnen widerfährt.

Neugierig macht diese Autorin und wünschenswert wäre eine Neuauflage ihrer Jugendbücher.og/?p=5487′, 0, ‚post‘, “, 0),