Gayle Forman: Manchmal musst du einfach leben, Aus dem Amerikanischen von Stefanie Schäfer, Fischer Krüger, Frankfurt a.M. 2017, 368 Seiten, €16,99, 978-3-8105-2529-1
„Sie war vierundvierzig Jahre alt, hatte einen Herzinfarkt gehabt und eine Bypassoperation überstanden. Sie war von zu Hause weggelaufen und weder ihr Ehemann noch ihre beste Freundin hatten versucht, sie zu erreichen. Und sie konnte nicht schwimmen.“
Maribeth Klein ist eine gestandene Redakteurin, die mitten in Manhattan mit ihren vierjährigen Zwillingen und ihrem Mann Jason in einem Loft wohnt. Wenn sie ihre To-do-Listen durchgeht, weiß sie nicht, wo ihr der Kopf steht und klar ist, sie muss arbeiten, denn die Kinderbetreuungskosten in New York City sind immens. Jason verdient nicht besonders viel und vom Erbe väterlicherseits kann sie keine großen Sprünge machen, und sich auch kein Häuschen in Brooklyn zulegen. Zwischen Arbeitsstress, Termindruck und Telefonaten erleidet Maribeth, ohne es wirklich zu merken, einen Herzinfarkt. Da sie zum Glück sowieso zum Arzt musste, schickt dieser sie in die Notaufnahme und hier bricht sie dann zusammen.
Gayle Forman erzählt von einer typischen amerikanischen Familie, in der die Partner durch Kinderstress oder auch Schweigsamkeit einander aus den Augen verloren haben. Jason geht fast nie ans Handy, wenn es klingelt. Er entzieht sich jeglicher Verantwortung. Als Maribeth nach gut einer Woche aus dem Krankenhaus entlassen wird, bittet er ihre Mutter aus Florida zu kommen. Aber Maribeth hat zu ihrer Mutter, Maribeth weiß seit ihrem achten Lebensjahr, dass sie adoptiert wurde, ein schwieriges Verhältnis. Die Mutter ist einfach keine Hilfe im Haushalt, sie ist oft müde, ängstlich und vor allem nur im Weg. Maribeth glaubt sogar, dass sie von zu Hause aus sofort wieder für die Zeitschrift arbeiten könnte. Den Job hatte sie von ihrer besten Freundin Elizabeth, die sich seit der Geburt der Kinder von Maribeth zurückgezogen hat. Auch wenn die Kinderbetreuung umsonst gewesen wäre, Maribeth hätte nie ihre Arbeit aufgegeben.
Doch nun schlägt alles über ihrem Kopf zusammen. Sie erfährt, dass bereits eine neue Kollegin ihre Arbeit macht, ihr Mann kommt nur noch zum Schlafen nach Hause und vergisst wichtige Steuerunterlagen einzusehen und die Kinder kehren ebenfalls frühzeitig aus dem Kindergarten zurück, weil sie Läuse haben. Nach großem Geschrei und völliger Überforderung der Rekonvaleszentin beschließt diese, das Haus einfach zu verlassen.
Maribeth hebt ihr Erbe bar ab und reist instinktiv nach Pittsburgh. Hier wurde sie geboren, hier will sie etwas herausfinden. Was genau, ist ihr noch nicht klar. Sicher ist nur, sie muss sich jetzt um sich selbst kümmern. Hatte ihre leibliche Mutter oder deren Familie Herzprobleme? Warum ist ihre Tochter Liv so extrem starrsinnig, so ganz anders als Oliver?
Auf sich allein gestellt, fühlt sich Maribeth, nachdem sie einen vertrauensvollen Arzt gefunden hat, nerstmal gut. Sie liest wieder und sie versucht mit ihren Erinnerungen und auch Schuldgefühlen klarzukommen. Warum hat ihre leibliche Mutter sie verlassen? Wer war ihr Vater?
Wie ist ihre Beziehung zu Jason und warum ist da so viel schief gelaufen? Liebt sie ihn eigentlich noch?
Unterhaltsam und vor allem süffig geschrieben folgt die Leserin der Lebensgeschichte von Maribeth Klein, die ihrem Hamsterrad entflieht, um mit neuem Blick auf ihre Familie zu schauen.
Wie eine Reha scheint dieser Ausflug nach Pittsburgh, der ihr die Ruhe bringt, die sie braucht und ihr die Augen öffnet, über das, was sie nicht gesehen hat. Und Maribeth findet ihren Humor wieder, den sie zu lang vermisst hat.
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