Felicitas Mayall: Nachtgefieder, Laura Gottbergs siebter Fall, Kindler Verlag, 416 Seiten, €19,95, 978-3-463-40586-5
Es ist nicht einfach, wenn der 17-jährige Sohn mal einfach so beschließt, demnächst beim Vater zu wohnen. Diese Nachricht ihres Sohnes Luca muss die geschiedene Münchener Kriminalhauptkommissarin Laura Gottberg erstmal verkraften, zumal Tochter Sofia auch gleich auf die Idee kommt mitzuziehen. Aber das ist wahrscheinlich eher eine Trotzreaktion als wirkliche Absicht. Noch in Gedanken versunken, begibt sich Laura Gottberg ins Präsidium zum nächtlichen Bereitschaftsdienst als eine fast vermummte weibliche Person unbedingt mit einem Polizisten reden will, der die italienische Sprache beherrscht.
Kein Problem für die Halbitalienerin Laura. Allerdings erzählt Donatella Cipriani aus Mailand, die Frau eines einflußreichen Bauunternehmers, der die politische Karriereleiter hinaufsteigen will, eine leicht verwirrte Liebesgeschichte, die Laura eher misstrauisch macht als dass sie sie rühren könnte. Die Affäre mit dem britischen Gentleman Benjamin Sutton, sein Name fällt erst später, kommt die Italienerin teuer zu stehen, denn sie wird erpresst und die Forderungen der Kriminellen nehmen von Übergabe zu Übergabe zu. Jetzt hat das Paar sich entschlossen sich zu trennen. Noch ein letztes Mal wollen sie sich zu einem gemeinsamen Frühstück sehen. Laura Gottberg, obwohl es gar nicht ihr Bereich ist, stimmt zu, dass sie das Schließfach, dass die Erpresser ausgesucht haben, bewachen wird. Zum gemeinsamen letzten Beisammensein der Liebenden jedoch wird es nicht kommen, denn Sutton liegt bereits ermordet in seinem teuren Hotelzimmer. Da sich Donatella Cipriani bei allen Vorsichtsmaßnahmen nie erklären kann, wie die Erpresser sie aufgespürt haben, vermutet Laura sehr schnell, dass Sutton selbst der Erpresser ist.
Geschickt scheint er die Frauen mit Liebesgedichten, u.a von Petronius, zu umgarnen.
Die Anfang 40-jährige Donatella Cipriani schmeichelte die Aufmerksamkeit des englischen Mannes, den sie in Siena kennenlernte. Dass er sie nur um des schnöden Mammons Willen umwarb, ahnt die frustrierte, aber nicht lebensfremde verwöhnte Frau als sie zur Polizei geht.
Auch Angelo Guerrini, Commissario in Siena, liebt Gedichte und gute Literatur.
Hunderte Kilometer entfernt spürt er eine männliche Leiche in der Nähe von Siena auf. Ein Bauer hat sie in seinem Feld gefunden. Im Mund des Toten stecken mehrere Geldscheine. Ein Mafiamord, so lautet die schnelle Vermutung. Oder steht der Mord im Zusammenhang mit den Wucherern, die den italienischen Bauern, die Bank vergibt keine Kredite mehr, Geld zu unverschämten Zinsen leihen? Noch ahnen weder Angelo noch Laura, dass ihre beiden Fälle, in einem engen Zusammenhang stehen.
Geschickt verknüpft Felicitas Mayall zwei scheinbar völlig gegensätzliche Kriminalfälle mit ihren beiden Ermittlern, die zum einen ein Liebespaar sind und zum anderen, ohne es zu ahnen, am gleichen Faden ziehen. Ist der englische Gentleman auf eine sehr subtile Weise getötet worden, so ist der Mord in Italien brutal und schockierend geschehen. Nicht sonderlich groß ist das Personal, dass die Autorin benötigt, um unterhaltend zu schreiben und Spannung aufzubauen. Dabei lässt sie nie das private Umfeld mit all den alltäglichen Problemen ihrer Figuren aus dem Auge.
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