Nicci French: Böser Samstag, Aus dem Englischen von Birgit Moosmüller, C. Bertelsmann Verlag, 478 Seiten, €14,99, 978-3-570-10228-2
„‘ Ich bin der festen Überzeugung, dass Hannah Docherty für ein Verbrechen, das sie nicht begangen hat, dreizehn Jahre in einer Klinik für geisteskranke Schwerverbrecher verbringen musste, einen Großteil dieser Zeit sogar in Einzelhaft. Meiner Meinung war sie zu der Zeit, als ihre Familie ermordet wurde, keineswegs geisteskrank, sondern zunächst nur ein zorniger, gestörter Teenager und später eine von Kummer und Argwohn traumatisierte junge Frau. Der Wahnsinn kam erst später.’“
Nach wie vor sieht die Polizei in London rot, wenn die Psychologin Frieda Klein sich in einen Fall einmischt. Dieses Mal beginnt der Fall natürlich am Samstag und ist nicht Friedas Idee, sondern die von Walter Levin. In seinem Auftrag soll Frieda Hannah Docherty befragen, eine nun mittlerweile erwachsene Frau und verurteilte Mörderin, die angeblich ihre gesamte Familie 2001 getötet hat. Im Haus der Dochertys wurden damals drei Leichen gefunden, die Mutter von Hannah, ihr Stiefvater und ihr 13-jähriger Bruder. Brutal wurden alle drei mit einem Hammer erschlagen. Niemand ist begeistert über Kleins Befragungen, immerhin muss DC Yvette Long sie begleiten und auch zwischen den Frauen besteht eine gewisse Spannung. Zu Beginn läuft alles ins Leere, denn Hannah ist durch Medikamente und sichtbaren Verletzungen nicht vernehmungsfähig. Je mehr sich Frieda Klein in diesen dreifachen Mordfall verbeißt, um so mehr Unstimmigkeiten treten zu Tage. Als dann der damals ermittelnde Beamte Ben Sedge auch noch suspendiert wird, hat Frieda keine Rückendeckung mehr. Frieda ahnt nach den Befragungen der Menschen, die die Dochertys gekannt haben, dass bei den Ermittlungen Fehler aufgetreten sind. Allein schon der Mord am kleinen Bruder Rory passt nicht zu Hannahs damaligem Verhalten. Sie hat ihren kleinen Bruder, der in der Schule gemobbt wurde, immer beschützt. Sie war extrem wütend als sich ihre Eltern getrennt haben, sie führte lautstarke Auseinandersetzungen mit ihrer ziemlich distanzierten Mutter. Sie hat alle möglichen Drogen konsumiert, was nicht bedeutet, das sie wirklich ihre Familie ausgelöscht hat. Beharrlich befragt Frieda Klein auch den leiblichen Vater von Hannah, der seine Tochter für schuldig hält und auch nie besucht hat.
Doch wie kommt es, dass die Nachbarn gut über das Mädchen sprechen? Wie kann es sein, dass Hannahs Vater während der polizeilichen Arbeit viele persönliche Dinge aus dem Haus schaffen und sogar wegwerfen konnte. Die etwas schräge Bloggerin Erin Brack, die wie besessen über den Mordfall Docherty geschrieben hat, nahm diese beseitigten Dinge an sich. Als Frieda Klein vor ihrer Tür stand, war sie überglücklich und hat auch gleich der Netzgemeinde alles brühwarm berichtet. Ein Fehler, denn sie wurde nach dem letzten Eintrag getötet. Nun weiß Frieda, dass in den Säcken brisantes Material stecken muss. Zum Glück hatte sie alles viel früher abgeholt. Aber Frieda hat auch wieder ihr „Dean Reeves“- Problem. Ihr krimineller Beschützer hat sich wiedermal in ihrer Wohnung umgesehen. Frieda muss erneut die Schlösser der Wohnung austauschen. Als die Psychologin mit der Befragung der ehemaligen WG-Mitbewohner von Hannah beginnt, stellt sich heraus, dass Shelley Walsh zeitgleich zum Mord von ihrer Mutter nichts mehr gehört hat. Sie untersucht die Identitäten der nicht identifizierten Frauenleichen und plötzlich stellt sich heraus, dass Hannahs Mutter unter ihnen ist. Die weibliche Leiche im Haus der Dochertys ist die Mutter von Shelley. Jetzt ist sich Frieda Klein sicher, dass Hannah nur ein Bauernopfer ist.
Doch die Londoner Polizei will den Fall nicht neu aufrollen und behauptet steif und fest, dass Hannah eben auch die Mutter von Shelley ermordet habe. Aber das kann logistisch gar nicht sein.
Absolut spannend, wie immer, liest sich dieser neue Frieda Klein – Fall. Jetzt fehlt noch der Sonntag, der hoffentlich die ganze Reihe zu einem guten Abschluss bringt.
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