Luis Sellano: Portugiesisches Erbe – Ein Lissabon-Krimi, Heyne Verlag, München 2016, 363 Seiten, €14,99, 978-3-453-41944-5
„Lissabon ändert alles! Es gab keine rationale Erklärung, warum er sich damit beruhigen konnte. Es wird leichter, das Leben zu ertragen, wenn man Veränderung sucht, hatte Martin in seinem Brief geschrieben.“
Geheimnisumwittert beginnt dieser Krimi, der in Lissabon spielt. Die Hauptfigur Henrik Falkner ist ein ehemaliger, etwas lädierter Polizist, der vor gut zwei Jahren seine Frau Nina durch einen tragischen Autounfall verloren hat. Dieser Schicksalsschlag hat ihn völlig aus der Bahn geworfen. Innerhalb seiner Familie wurde sein Onkel Martin wie ein Aussätziger behandelt und niemand hat je darüber gesprochen. Dieser Martin, der in Lissabon lang gelebt hat, ist nun verstorben, auch auf mysteriöse Weise. Egal, an wen sich Falkner wendet, niemand redet mit ihm über den Onkel. Und kaum in Lissabon angekommen, Martin hat seinen Neffen im Testament bedacht, geschieht ein Mordanschlag auf ihn. Und ein Bewohner in Martins Haus, der Transvestit Renato, wird zusammengeschlagen.
Noch ein Geheimnis: Falkner kann Martins altes Haus mit Antiquariat mitten in Lissabon im Altstadtzentrum erben. Allerdings darf er es nicht verkaufen. Doch die Versuchung ist ziemlich groß, denn der Wert des Hauses beläuft sich auf über 1,1 Millionen Euro.
Die Bewohner des Hauses jedoch zahlen nicht regelmäßig Miete und Falkner kann sich nicht erklären, wovon, sicher nicht vom Verkauf im Antiquariat, Martin eigentlich gelebt hat. Es gibt regelmäßige Überweisungen, hinter denen ein gewisser Joao steckt.
Und doch – nach und nach klären sich ein paar Geheimnisse um den mysteriösen Onkel, der nicht umsonst seinen Neffen mit Polizeierfahrung nach Lissabon geholt hat. In seinem Antiquariat hat er Hinweise hinterlassen, die Henrik nicht übersehen kann. Ein Ort, den er aufsuchen wird, ist eine Bauruine, die der Großindustriellenfamilie Vieira gehört. Hier stößt der ahnungslose Henrik auf einen grausigen Fund. Doch was haben skelettierte Kinderleichen in Weinfässern mit der machtvollen Familie zu tun? Von einem historisch sehenswerten Ort zum nächsten getrieben gelangt Henrik Falkner hinter ein Kapitalverbrechen, das vor gut 20 Jahren begangen und wissentlich vertuscht wurde. Die gefährliche und lebensbedrohliche Arbeit beginnt als Henrik in Kontakt mit der Schwester eines der verschwundenen Kinder kommt, die auch noch bei der Polizei tätig ist. Nach und nach klären sich ein paar Geheimnisse, u.a. das um Martins Ausstoß aus der Familie. Lissabon mit seinem Flair, seinem Licht und vor allem seinen Menschen holen Martin aus seiner Depression. Der Polizist in ihm erwacht und die Aufgabe, die Mordfälle, zu denen Martin als ehemaliger Staatsanwalt-Ade akribisch Material gesammelt hat, zu untersuchen. Auf die portugiesische Polizei, ob korrupt oder nicht, kann er nicht zählen.
Unterhaltsam ist die Mischung aus spannendem Kriminalfall, der sich gleich der gehobenen einflussreichen portugiesischen Gesellschaft widmet, und ausführlicher Stadtbesichtigung von Lissabon. Alle wichtigen Sehenswürdigkeiten, Kirchen, Plätze und Touristenfallen werden gestreift und in die Handlung atmosphärisch dicht einbezogen. Henrik Falkner hat zum Ende gleich seinen nächsten Fall, der sich der Ermordung des Freundes und Gönners seines Onkels, dem Künstler Joao, widmen wird.
Gelungen ist der Auftakt dieses Großstadtkrimis von Luis Sellano, der sich neben Venedig-, Triest-, Amsterdam- oder gar Paris-Krimis nicht verstecken muss.
Kein gebürtiger Portugiese verbirgt sich hinter dem Pseudonym Sellano, sondern ein deutscher Autor. Immerhin wird ja auch der Venedig-Krimi um Brunetti von einer Amerikanerin seit Jahren erfolgreich geschrieben und die Triester Krimi-Reihe stammt ebenfalls von einem deutschen Autor, von Veit Heinichen.
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