Charlotte Link, Die Betrogene, Randomhouse audio, München 2015, Gelesen von Claudia Michelsen, 10 CDs, 716 Minuten, €19,99, 978-3-8371-3038-6
Der Handlungsort für diesen spannenden Krimi ist Nordengland, die Menschen leben in Reihenhäusern und sind doch einsam, sie wählen ihren Urlaubsort auf einer Farm, die keinen Handyempfang hat, sie zweifeln an sich und sie reden wenig miteinander.
Alles beginnt mit einem grausigen Mord in Scarborough, New Yorkshire, an einem Polizeibeamten, der längst nicht mehr im Dienst ist. Richard Linville wird in seinem eigenen Haus nach längerer Folter getötet. Seine Tochter Kate, die ebenfalls als Polizistin allerdings in London arbeitet, nimmt extra unbezahlten Urlaub, um sich um das nun leerstehende Haus und die Ermittlungen der Polizei zu kümmern. Kates einzige Kontaktperson war ihr Vater. Jedes Wochenende, jeden freien Tag hat sie mit ihm verbracht. Für sie ist er der Mensch, den sie am besten kennt, glaubt sie. Als dann eine Sekretärin, Melissa Cooper, auf die gleiche brutale Weise ermordet wird und Kate einen Zusammenhang zwischen beiden Tötungsarten und Personen feststellen muss, beginnt ihr Bild von ihrem Vater zu schwanken. Vom Sohn Melissas erfährt Kate vom Verhältnis ihres Vaters zu seiner Mutter. Doch warum wurde diese Beziehung so abrupt beendet, obwohl es Kates Mutter, die an Krebs erkrankt war, wieder sehr gut ging?
Szenenwechsel: Familie Crane hat beschlossen, eine Auszeit in den Hochmooren Yorkshires zu nehmen. Jonas ist als Drehbuchautor tätig, ständig dabei neue Stoffe zu entwickeln, um möglichst viel Geld zu verdienen. Dieser Druck hat ihn krank gemacht, denn Schulden lasten auf der Familie. Jahrelang hat Stella versucht, schwanger zu werden. Umsonst. Dann konnte das Paar den kleinen Sammy adoptieren. Es sollte eine anonyme Adoption sein, doch die 16-jährige Mutter, Terry, wollte vor Ablauf der Probezeit das Baby zurück. Eine Katastrophe für Stella, die sich bereits in der Mutterrolle wohlfühlte. Aber Terry schafft es nicht, ihr Leben mit Kind auf die Reihe zu bekommen. Sie will Stella kennenlernen, um ihr dann doch das Baby zu überlassen. Jonas ist gegen das Kennenlernen der Mutter, kann sich aber nicht durchsetzen. Nun, fünf Jahre später, sitzt Terry mit ihrem neuen Freund Nils im Wohnzimmer der Cranes. Angeblich wollten beide, sie hat sich fünf Jahre nicht um ihren Sohn gekümmert, das Kind sehen. Jonas vermutet sofort, dass mit Nils irgendetwas nicht stimmt. Und richtig, er ist ein Krimineller, der gerade wieder aus dem Gefängnis entlassen wurde. Er hatte beim Prozess Rache an Richard Linville geschworen und nun sucht die Polizei nach Nils, der unter falschem Namen lebt. Als die Cranes ihre Auszeit in einer weit entlegenen Farm planen, spüren Nils und Terry sie auf. Nils benötigt einen Unterschlupf. Skrupellos behandelt er die Familie, schießt Jonas an und sperrt Stella und Sammy in der Scheune ein. Terry tut nichts für ihren Sohn, da sie keinen freien Willen hat.
Unweit des Ortes passiert ein dritter Mord an einem ehemaligen Mitarbeiter von Richard Linville. Kate, die sich für keine gute Polizistin hält, kombiniert. Was haben diese drei Personen getan, gewusst, das jemanden oder mehrere Personen zu solchen qualvollen Tötungsweisen fähig sind?
Wie Charlotte Link alle Fäden zusammenführt, ist absolut glaubhaft. Ihre Figuren sind überzeugend charakterisiert und die Handlungsabläufe glaubhaft und lebendig.
Die Schauspielerin Claudia Michelsen liest fast bedächtig, mit langen Pausen und doch hört man ihr bei dieser spannenden Lektüre gebannt zu. Nie übertreibt sie, wenn sie den Figuren sehr sparsam eine bestimmte Charakteristik oder Dynamik durch ihre Stimme gibt. Sie ist wie ein Fels in der Brandung um den herum der Ausnahmezustand, zumindest zum Ende hin, eintritt.
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