Jojo Moyes: Ein ganz neues Leben, Aus dem Englischen von Karolina Fell, Wunderlich Verlag, Reinbek bei Hamburg 2015, 528 Seiten, €19,95, 9783805250948 

„Man weiß nie, was passiert, wenn man aus großer Höhe abstürzt.“

Gleich zu Beginn wird der Leser mit einem Brief der englischen Autorin konfrontiert, in dem sie erzählt, dass sie ja eigentlich keine Fortsetzung ihres Erfolgsromanes „Ein ganzes halbes Jahr“ schreiben wollte. Nun gut, sie hat es getan. Jojo Moyes ist eine Autorin, die nicht gerade vom seriösen Feuilleton beachtet wird, bei ihren Lesern aber großen Anklang findet. Das mag an ihrer leicht lakonischen Art zu schreiben liegen oder auch an den Themen, die sie sich sucht

Ihre Hauptfigur Luisa Clark, die nun langsam auf die dreißig zugeht, steht natürlich wieder im Mittelpunkt der Geschichte. Sie arbeitet als Kellnerin in einer Flughafenbar und kann dem Leben ohne Will nichts abgewinnen. Nach einer Zeit des Reisens ist Luisa in London angekommen, hat sich von Wills Erbe eine Wohnung gekauft, die jedoch kaum eingerichtet ist. Alles bleibt für Luisa in der Schwebe.
Als sie eines Nachts mit mehreren Gläsern Wein intus auf dem Hausdach spazieren geht, stürzt sie in die Tiefe. Auch wenn sie mit ihren diversen Brüchen mehrmals betont, dass sie keinen Selbstmordversuch im Sinn hatte, scheint ihr niemand zu glauben. Die gehandikapte junge Frau muss nun wieder bei ihrer Familie wohnen, der sie eigentlich aus dem Weg gehen wollte. Aber Luisas Eltern stürzen sich mit Humor und Energie auf ihr Kind und versuchen, die Wogen der Vergangenheit zu glätten.

Als dann plötzlich ein junges 16-jähriges Mädchen bei Luisa auftaucht, beginnen die wahren Probleme. Lily Houghton-Miller ist die Tochter von Will, von der er nichts wusste. Lilys Mutter, egozentrisch, nur an Wohlstand und Äußerlichkeiten interessiert, erzählt in einem Moment der Schwäche, dass Lilys Vater Will ist. Die Tochter heftig in der Pubertät testet nun alle Grenzen aus. Verlässt ihr Internat, treibt sich herum und macht Luisa ausfindig. Sie beginnt, auch im Gedenken an Will, den sie sehr geliebt hat, sich um Luisa zu kümmern. Hinter der unverschämten, anmaßenden Göre sieht sie immer doch auch das einsame, nicht geliebte Kind.

Luisa nimmt Lily mit zu ihren Eltern und beginnt darüber nachzudenken, Lily ihren Großeltern, den Traynors vorzustellen. Die haben sich inzwischen getrennt und Mr. Trayner wird sogar nochmal Vater. Bei aller Freude über Lily lebt doch jeder sein eigenes Leben und erneut macht die junge Frau die Erfahrung, dass sie nicht erwünscht ist.

Luisa hat sich inzwischen einer Trauergruppe auf Wunsch des Vaters angeschlossen. Hier trifft sie den Sanitäter Sam wieder, der ihr nach dem Unfall so selbstlos die Hand gehalten hat. Aber Luisa weiß auch, dass sie nicht mehr lang in der Bar arbeiten will, in der ihr Chef ihr mit seiner Pedanterie auf den Geist geht.

Als Lily mit saufenden Freunden Luisas Wohnung okkupiert und Luisa Vorwürfe macht, dass sie wie eine Verräterin Will einfach beim Sterben zugesehen hat, eskaliert die Handlung.

Lilys Eltern haben bereist die Schlösser ausgetauscht, und nichts scheint den Teenager vorm Abstieg zu retten. Aber Luisa wäre nicht die Heldin dieser Geschichte, wenn sie ein orientierungsloses Mädchen allein lassen würde. \r\n\r\nJojo Moyes mag eine gute Erzählerin sein, die ab und zu auch dem Alltagsgeschehen gute Szenen abgewinnen kann, aber die Geschichte um die nervige Lily fesselt nicht wirklich. Auch die Liebesbeziehung zu Sam bleibt farblos. Dass sie am Ende nach New York reist, scheint wie eine Befreiung für alle Seiten zu sein.

Vielleicht ist das der Nachteil bei so erfolgreichen Unterhaltungsautoren, die in aller Munde sind. Die Erwartungen sind einfach zu hoch.