Anna Grue: Die Wurzel des Bösen, Sommerdahls fünfter Fall, Aus dem Dänischen von Ulrich Sonnenberg, Atrium Verlag, Zürich 2015, 480 Seiten, €19,99, 978-3-85535-204-3
„Dieser Fall hatte sich zu einem regelrechten Labyrinth ausgewachsen. Jedes Mal, wenn Dan glaubte, einen Ansatz gefunden zu haben, vernebelte irgendetwas erneut das Bild.“
Christianssund ist kurz vor Weihnachten tief im Schnee versunken. Alles könnte so heimelig und friedlich sein, wäre da nicht der Mord an Peter Münster-Smith geschehen. Der über fünfzigjährige alleinstehende Milliardär wurde in einem Anbau zu seiner Firma von Messerstichen überhäuft gefunden. Zeitgleich verschwindet der Zahnarzt Martin Johnstrup. Er ist der Ehemann von Benedicte, die in Peters Firma als Kommuniktionschefin arbeitet. Sie jedoch hat ein Verhältnis mit Peters Geschäftspartner Axel Holkenfeldt, der anscheinend glücklich mit Julie verheiratet ist, mit deren Vermögen er begabt aber mittellos bei Peter vor Jahren einsteigen konnte. Axel und Peter ergänzen sich beruflich hervorragend, präsentierte Peter die Immobilienfirma nach außen hin, so arbeitet Axel eher im Hintergrund. Privat hatten die beiden nicht so viel Kontakt, denn Peter konsumierte gern Drogen und hatte eine Frauengeschichte nach der anderen, versteht sich mit sehr jungen, äußerst attraktiven Frauen.
Frank Janssen übernimmt mit Pia Waage diesen seinen ersten Kriminalfall und ist besessen von der Idee, ihn noch vor Weihnachten zu lösen. Schnell wird klar, dass der verschwundene Martin durchaus der Mörder sein könnte, denn ein anonymer Brief in seinen Unterlagen hatte ihn darauf gebracht, dass seine Frau ein Verhältnis mit einem der Geschäftsinhaber hätte. Da niemand auf Axel tippen würde, war klar, Peter muss es sein. Allerdings fehlt jede Spur von Martin.
Dan Sommerdahl, der eigentliche Held in Anna Grues Romanen, stößt dazu, als Benedicte ihn um seine Hilfe bittet, ihren Mann zu suchen. Der kahlköpfige Detektive, der ja im realen Leben eigentlich als Freiberufler und Werbefachmann für Unternehmen, u.a. auch für Peter arbeitet, sträubt sich noch. Er will Janssen nicht in die Quere kommen und vor allem seinen guten Kontakt zu seiner Ex-Frau Marianne nicht durch eine erneute Frauenbekanntschaft in Gefahr bringen.
Allerdings ist die Versuchung für Dan einfach zu groß, zumal sein alter und ziemlich kranker Freund Torp Flemming auch in den Fall involviert ist.
Nach und nach stellt sich heraus, dass Peters Sonnenschein-Image eher eine Lüge ist. Er war vielleicht ein großzügiger Mensch, er hat seiner Haushälterin, einer leicht verbitterten alten Frau, eine Million Kronen per Testament hinterlassen und doch war er auch ein knallharter Geschäftsmann, wenn es darum ging, Geld am Finanzamt vorbeizuführen. Korruption, Erpressung und vor allem stille Zahlungen für Fehlentscheidungen in der Firma und auch privat gelangen ans Tageslicht.
Als Martins Leiche jedoch gefunden wird, muss der gesamte Fall neu aufgerollt werden und die Feiertage stehen vor der Tür. Dan vermutet schnell, dass dieser Mord eher einen privaten und auf jeden Fall finanziell heiklen Grund haben könnte. Und natürlich liegt er genau richtig.
Anna Grue erzählt nie von Serienmördern oder maßlosen Brutalitäten und wenn sie von akribischer Polizeiarbeit schreibt, dann langweilt sich niemand. Die dänische Autorin entwirft ein genaues Bild vom gesellschaftlichen Milieu, in dem sich ihre Protagonisten bewegen, aber sie verliert sich auch in Nebenschauplätzen und schreibt doch so anschaulich über ihre durchaus übersichtlich konzipierten Figuren, dass man als Leser immer den Spannungsbogen spürt und sich trotzdem gern auf jeden noch so irreführenden Pfad einlässt. Gut gemachter Krimi für alle die den Who’s-done-it- Plot mögen!
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