Jenny Rogneby: Leona – Die Würfel sind gefallen, Aus dem Schwedischen von Antje Rieck-Blankenburg, Atrium Verlag, Hamburg 2015, 448 Seiten, €16,99, 978-3-85535-627-0
„Mir fiel auf, wie sehr sich meine Arbeit verändert hatte. In seinem eigenen Verbrechen zu ermitteln, bedeutete ein verhältnismäßig entspanntes Arbeiten.“
Leona Lindbergh arbeitet als Ermittlerin in der Abteilung Gewaltverbrechen und hat einen wirklich ungewöhnlichen Fall. Ein siebenjähriges Mädchen hat blutüberströmt und mit blauen Flecken am gesamten Körper in der Innenstadt am helllichten Tag eine Bank betreten. Sie ist nackt, trägt ihren Teddy und einen Rucksack bei sich und ein Gerät, dass mit einer verzerrten männlichen Stimme, als würde sie selbst sprechen, Geld fordert. Sollten die Bankmitarbeiter nicht mitspielen, würde das Kind in die Luft gesprengt.\r\nLeona und ihre Kollegen sind entsetzt, zumal ihre Gedanken darum kreisen, wie man ein Kind zu solch einer Tat zwingen kann.
Leona erinnert aus ihrer Kindheit viele Methoden, wie man ein Kind gefügig macht. Sie musste, da sie sich so anders als ihre zwei Brüder benahm, in den dunklen, moderigen Keller. Blitzblank ist bis heute der Haushalt ihrer Mutter, schnell angetrunken der Vater, wenn Gäste da sind oder auch nicht. Leona hat sich durch ihre Prägung von Zuhause zu einem „normalen“ Menschen entwickelt. Niemand ahnt, dass sie die gängigen Verhaltensmuster eher nachahmt als wirklich empfindet. Sie hat sich verbogen, um von den Eltern nicht „weggeschickt“ zu werden. Sie hat einen Beruf erlernt, der der Mutter natürlich nicht fein genug ist, sie hat Peter geheiratet und zwei Kinder bekommen. Erst durch die Kinder spürte Leona echte Empfindungen. Aber Beatrice und Benjamin erkennen instinktiv das aufgesetzte Betragen der Mutter, ihre Sympathien sind beim Vater. Leona kann ihr seit über dreißig Jahren aufgezwungenes falsches Leben voller Zwangsneurosen nicht mehr ertragen und so hat sie den Kleinkriminellen Ronni Palm zu dieser Tat in der Bank angestiftet. Olivia, seine Tochter, die in Finnland bei der Mutter lebt und in Schweden die Oma besuchen sollte, wird vom Vater mit Zuckerbrot und Peitsche abgerichtet.
Da Leona den Fall bearbeitet, hat sie auch die Fäden in der Hand und kann Zeugenaussagen manipulieren. Leona kann auch nicht länger ihr Doppelleben kaschieren, denn durch ihre Spielsucht, jede Nacht zockt sie am Computer und spielt Poker, hat sie die Spareinlagen der Familie ausgegeben. Und nun will Peter, ihr Mann, unbedingt ein Haus für die Familie kaufen und er träumt von einem dritten Kind ohne zu ahnen, was sich im Kopf seiner Frau abspielt. Leona nimmt kurzzeitig Urlaub, um auf Malta ihre Flucht vorzubereiten.
Doch dann zeigt der Journalist Christer Soog Leona ein Foto. Zu sehen ist Ronni, seine Tochter und sie gemeinsam in einem Auto. Christer versucht Leona zu erpressen, er benötigt Informationen über den Sexskandal des Finanzministers Olander. Olander ist der verhasste Feind aus Christers Kindheit, einer der ihn gemobbt und gequält hat. Nun hofft Christer mit Hilfe Leonas auf Rache. Aber Leona nimmt den Journalisten nicht ernst genug und konzentriert sich trotz Schlafmangels und vieler privater Probleme, ihr Sohn Benjamin benötigt eine Operation, auf ihre kriminellen Aktivitäten. Ein Überfall reicht nicht für ein künftiges sorgenfreies Leben aus und so folgt ein zweiter Überfall. Als Christer sich dann aber an die Staatsanwältin Nina Wallin wendet, zieht Leona diese in ihre Machenschaften mit hinein. Und als der dritte Banküberfall völlig schief läuft, eskaliert die Handlung.
Absolut spannend liest sich dieser Krimi, in dem Täterin und Ermittelnde eine Person sind. Einerseits versteht man den Hass Leonas auf die Familie, in der sie nie sie selbst sein konnte und immer hinter Lügen verschwinden musste. Andererseits ist die spielsüchtige, empathielose, aber durchaus charismatische Frau unsympathisch und skrupellos.
Alle Figuren sind, von Leona über ihren mit der Macht spielenden Vorgesetzten Claes bis hin zum fast naiven Ehemann Peter, in ihren Handlungsweisen von der Autorin gut durchdacht und überzeugend dargestellt.
Dass diesem Roman noch ein zweiter folgen muss, ist klar, denn das Ende ist mehr als überraschend.
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