Benjamin Cors: Strandgut, Deutscher Taschenbuch Verlag, premium, München 2015, 400 Seiten, €16,90, 978-3-4232-6059-6
„Er beschleunigte den Wagen. Da war etwas, das er übersah.“
Minister Francois Faure liebt ihn, den großen Auftritt. In Cannes zu den Filmfestspielen will er unbedingt mit dem Boot anreisen, um dann über den roten Teppich zu schweben. Nie sind seine Personenschützer sicher, ob ihm nicht noch im letzten Moment etwas einfällt, das sie in Schwierigkeiten bringen könnte. Jetzt, das weiß Faure, ist seine Zeit, seine harte, ehrgeizige Arbeit an seiner politischen Karriere kann ihn ganz noch oben bringen. Und dann das Fiasko: Nicolas Guerlain, sein Bodygard, bringt ihn vor laufenden Kameras mit einem schmerzverzerrten Gesicht zu Fall. Ein Missgeschick, wird man im Nachhinein sagen. Nicolas hatte geglaubt, er habe seine vermisste Freundin in der Publikumsmenge gesehen. Vor drei Jahren hat sie sich im Théatre des Champs-Élysées in Luft aufgelöst. Sie sagte zu ihm, sie käme gleich wieder und fort war sie.
Guerlain wird nun in seinen Heimatort Deauville in der Normandie strafversetzt. Er soll der örtlichen Polizei in Sicherheitsfragen beraten, denn demnächst wird sich hier bei einem Gipfel die Weltpolitik treffen. Nicolas Mutter hat ihm eine Wohnung in der Villa Proust gleich am Meer besorgt. Hier lebte auch bis vor Kurzem der im Ort sehr bekannte Fotograf Jean Carasso, der durch ein Unglück auf dem Meer ums Leben gekommen ist.
Parallel zu Guerlains Geschichte erzählt der Autor Benjamin Cors von einem Mord im Jahre 1967 an einem völlig unbescholtenen Croupier. Er hat mit seiner Freundin etwas beobachtet, was er nicht sehen sollte. Dieser Abend holt alle Beteiligten nun wieder ein, aber der Leser wird lang im Ungewissen gehalten, was eigentlich am Strand von Deauville geschehen ist.
Ein älterer Mann wird entführt und in einem Keller gefangen gehalten. Er kennt seine Peiniger. Sie wollen von ihm einen Namen erfahren. Doch warum? Was steckt dahinter? Als die Hand des Mannes abgeschlagen wird, kämpft er um sein Leben und schreibt gegen den inneren Widerstand doch den Namen auf, den die beiden Entführer von ihm fordern.
Als Guerlain sich bei seinen Kollegen im Kommissariat vorstellt, hat er einen seltsamen Fund dabei, den zwei Jungen aus dem Meer gefischt haben. Es ist eine abgeschlagene Hand. Aber es kommt noch ärger, ein Hotelmitarbeiter kommt ums Leben und es stellt sich heraus, dass Jean Carasso gar verstorben ist, sondern einfach nur heimlich verschwinden wollte.
Benjamin Cors zieht überall Schubladen auf, um von Menschen und Geschichten zwischen Paris und Deauville zu erzählen, die sich der Leser puzzleartig zusammensetzen muss, um zu verstehen, wohin sie führen.
Wie immer geht es um Rache, Liebe, Eitelkeiten und Morddrohungen gegen den skrupellosen Minister Faure.
Sprachlich gekonnt nimmt Benjamin Cors den Leser in die Landschaft seiner Kindheit mit und spiegelt die Besonderheiten des Ortes und des Meeres in seinem Krimi. Seine Figuren, vor allem die Polizisten in Deauville, aber auch die Kollegen von Guerlain, sind vielschichtig angelegt und vor allem fehlt auch nicht der Humor, wenn Nicolas Guerlain zum Beispiel auf seine Mutter trifft.
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