Ryan Gebhart: Bärenschwur, Aus dem Englischen von Eike Schönfeld, Aladin Verlag, Hamburg 2015, 253 Seiten, €14,90, 978-3-8489-2051-8
„Das Gefühl habe ich gewollt. Diese eisigen Hände und die Schuld und den Schrecken und tausend andere schlimme Gefühle, die mich in die Brust stechen. Ich wollte mit diesem alten Mann abhängen und mich beweisen. Aber was bedeutet das? Was muss ich beweisen?“
Der dreizehnjährige Tyson, er ist auch der Erzähler dieser Geschichte, freut sich schon seit langem auf ein Abenteuer mit seinem Gramps, auf die Erfüllung des Bärenschwurs. Beide wollen in den Bridger-Teton National Forest in Wyoming auf die Jagd nach Wapitis gehen. Und um ehrlich zu sein, schwingt in diesem Wunsch auch die Sehnsucht mit, einmal einen Grizzlybären in freien Wildnis zu sehen. Aber immer wieder werden Nachrichten verbreitet, dass Grizzlyweibchen Menschen angegriffen und getötet haben.
„Seit ich die Doku von Timothy Treadwell gesehen habe, bin ich von denen besessen. Er hat dreizehn Sommer lang mit den Bären gelebt, bis ihn dann einer gefressen hat. Das war so cool.“
Endlich würde etwas in seinem Leben passieren. Seit sein Freund Brighton, den er bereits seit der ersten Klasse kennt, im Fooballteam aufsteigt, eine tiefe Stimme hat und neuerdings nur noch mit seinen Mitspielern abhängt, fühlt sich Tyson ausgegrenzt. Immer haben Brighton und er zusammen bei Halloween ihre Kostüme zusammen ausgesucht, sie haben Taylor Swift gehört und sind zusammen Schlitten gefahren. Heute will Brighton davon nichts mehr wissen, er knutscht mit Sarah und signalisiert Tyson, dass er nicht cool genug ist, als würde er sich für ihn schämen. Irgendwie ist die Kindheit vorbei, aber Tyson will es einfach nicht akzeptieren. Er hasst es, wenn die anderen ihn wie einen Idioten behandeln. Und dabei interessiert er sich auch für Mädchen, besonders für Karen und das weiß Brighton.
Als dann plötzlich klar wird, dass Gramps von einem Tag zum anderen nicht mehr bei der Familie wohnt, sondern weit fort in einem Pflegeheim, ist Tyson maßlos enttäuscht. Innerlich wehrt er sich gegen seine Eltern, die ihn im Gegensatz zu seinem Opa immer noch wie ein Kind behandeln und ihm nichts zutrauen. Auf die Bitte des Großvaters hin, bringt Tyson ihm seine Jagdausrüstung mit und muss erfahren, das der Opa im Heim ist, weil er alle drei Tage an die Dialyse angeschlossen werden muss. Und dann muss Tyson noch schlucken, dass sein Gramps gar nicht sein richtiger Großvater ist.
Tyson kann sich in der Schule nicht gut konzentrieren und vermasselt so fast jeden Test. Aber seine Lehrerin gibt ihm nochmals eine Chance. Er darf den Test nachschreiben, um nicht die Klasse zu wiederholen. Genau an dem Abend, an dem Tyson sich vorbereiten sollte, lädt Brighton ihn zu sich ein. Tyson denkt, alles könnte wieder gut werden, aber Brighton hat seine Kumpels da und die verarschen Tyson, weil Brighton alles über ihre Freundschaft und seine Zuneigung zu Karen erzählt hat. Diesen Vertrauensbruch kann Tyson nicht hinnehmen. Aber Tyson kämpft. Er lässt sich, und das ist wirklich schrecklich, von seiner jüngeren Schwester Ashley eine gute Lernmethode zeigen, um den Test zu bestehen. Und er lügt seinen Vater schamlos an, denn hinter seinem Rücken hat er mit Gene, so nennt er jetzt seinen Gramps, ausgemacht, dass sie doch zusammen auf die Jagd gehen. \r\nDie Eltern glauben nun, dass Gene und Tyson ein gemütliches Camping machen, wo auch gleich eine ärztliche Hilfe in der Nähe ist. Aber in Wirklichkeit sitzen sie bereits auf Pferden und reiten gut bewaffnet durch die Wildnis. \r\n\r\n„Aber heute gibt es nur mich, einen alten Mann und Mutter Natur.“
Für Tyson erfüllt sich der Wunsch seines Lebens. Doch wie ist es, wenn man wirklich auf ein Wapiti schießt und dann das tote Tier aufbrechen muss? Und stimmen all die Geschichten von dem gefährlichen Grizzly, den alle Sandy nennen, der sich in der Gegend herumtreiben soll.
„Dieses Riesenwild wirkt mythisch, als wäre ich in einem Fantasy-Welt geraten. Sie sehen völlig anders aus als die computergenerierten Bilder in Great American Hunter 5.“
Absolut spannend und kurzweilig liest sich diese Geschichte vom Erwachsenwerden, die Ryan Gebhart im Präsens erzählt und somit den Leser ganz nah an das Geschehen heranführt. Tysons Gefühle sind grundehrlich und so erzählt er einerseits übermütig und andererseits ernst von seiner großen Zuneigung zu seinem Gramps, auch wenn er ihm keine Niere spenden kann, und der Riesenenttäuschung über seinen Kindheitsfreund. \r\nVieles wird sich in Tysons Geschichte wieder einrenken, aber nichts wird nach dieser Jagd so sein wie früher.
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