Anna Grue: Die guten Frauen von Christianssund – Sommerdahls erster Fall, Aus dem Dänischen von Ullrich Sonnenberg, Atrium Verlag, Zürich 2013, 416 Seiten, €19,95, 978-3-85535-200-5
„Stell dir mich einfach als den irritierenden Privatdetektiv vor, der ständig im Weg steht und die Arbeit der Polizei stört, aber am Ende derjenige ist, der den Mörder entlarvt.“
Ein landschaftlich imposanter Ort in Dänemark und der unzufriedene Kreativdirektor Dan Sommerdahl, der als Texter erfolgreich war und nun in der Chefposition in der Agentur Kurt & Co. nicht mehr zur alten Form auflaufen kann, sind die Ausgangspunkte für Anna Grues Krimi-Reihe. Dan Sommerdahl ist mit dem Kriminalkommisar Flemming Torp befreundet. Noch im Krankenstand begleitet Sommerdahl seinen Freund nach einem gemeinsamen Essen in seine Agentur, denn hier ist ein Mord geschehen. Das Opfer ist Lilliana, eine fast unscheinbare Frau von der alle nur den Vornamen kennen. Sie putzte neben Benjamin Winther die Büroräume der Firma. Lilliana, das stellt sich schnell heraus, ist eine Illegale aus Estland.
Aus der Ich-Perspektive beschreibt der Täter gleich zu Anfang sein Vorgehen. Mit einer Garotte wurde das Opfer stranguliert. Doch warum musste diese in der dänischen Gesellschaft unsichtbare Frau sterben? Es dauert nicht lang und der geschundene Leichnam ihrer Freundin Sally, mit der sie eine Wohnung teilte, wird gefunden. Auch Sally ist eine Illegale. Der Inhaberin der Putzfirma wird schnell das betrügerische System nachgewiesen, mit dem sie Menschen, die Arbeit benötigen, aber nicht legal tätig werden können, ausbeutet. Nach der Durchsuchung der Wohnung entsteht der Verdacht, dass Lilliana eine Beziehung zu einem Mann in der Agentur gehabt haben könnte.
Torg nimmt Sommerdahl in Lillianas Wohnung mit, denn seine Stärke liegt darin, dass er anhand der Einrichtung sehr schnell ein Profil des Bewohners erstellen kann. Dan Sommerdahl beginnt auf eigene Faust, zum Missfallen der Mitarbeiter von Torg, zu ermitteln. Auch wenn er einige Achtungserfolge erzielt, so begeht er doch auch Fehler und behindert eher die Polizeiarbeit. Doch Sommerdahl spürt nach seinen Depressionen sich selbst wieder und macht einfach weiter.
Nach und nach breitet sich ein Gespinst aus Beziehungen und Kontakten zwischen der Agentur, der Putzfirma und einer Bordellkette aus.
Offensichtlich gibt es eine Organisation, die sich Chick Support Global nennt, die sich der Frauen annimmt, die unter falschen Voraussetzungen nach Dänemark gelockt wurden. Sie werden unter grausamen Bedingungen zur Prostitution gezwungen.
Einige Frauen aus den noblen Mittel- und Oberschicht helfen den Illegalen selbstlos, andere wittern ein Geschäft, um die abhängigen Frauen in ihrer Notlage als billige Arbeitskräfte auszunutzen.
Äußerst spannend liest sich dieser Krimi. Nie aufdringlich und doch wirksam verbindet die Autorin ihren Fall mit klarer gesellschaftlicher Kritik. Trotz ungewohnter Wendungen, die jedoch nie konstruiert wirken und durch den engen Kreis der handelnden Personen verliert der Leser nie den Überblick und folgt interessiert Dan Sommerdahls Leidenschaft fürs Verbrechen.
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