Erin Jade Lange: Butter, Aus dem Englischen von Uwe-Michael Gutzschhahn, rororo, Rotfuchs, Reinbek 2014, 331 Seiten, €8,99, 978-3-499-21244-4
„In dieser Sache würde ich das letzte Wort sprechen. In der Silvesternacht würde ich das letzte Wort sprechen. Sie konnten mich von mir aus Bigfoot und Fettwanst, Fresssack und Butter nennen, aber niemand würde mich als beschissenen Lügner bezeichnen.“
Wie geht es einem Jugendlichen, der 423 Pfund bei 1,80 m auf die Waage bringt? Er wird in Butters Fall, der Junge nennt sich nach einer demütigenden Szene so, vorzugsweise ignoriert, vielleicht auch bemitleidet.
Butter, der Ich- Erzähler, ist ein leistungsstarker Schüler und ziemlich privilegiert. Er stammt aus keiner Unterschicht, sondern fährt einen schicken BMW und spielt voller Leidenschaft, allerdings nicht vor Publikum, Saxophon. Im Chat – ohne Foto – korrespondiert er mit Anna, dem für ihn interessantesten Mädchen aus der Klasse. Hilflos legt Butters Mutter Wert auf zuckerreduziertes Essen, aber ihr Sohn nimmt bereits zum Frühstück eine Mahlzeit ein, die andere über den ganzen Tag hinweg essen würden. Butter mampft aus Frust, er kann sich und sein Essverhalten nicht kontrollieren. Seit er die 200 kg – Grenze überschritten hat, spricht sein Vater kein Wort mehr mit ihm.
Als Butter auf einer Liste eines anonymen Schülers seiner Schule im Netz seinen Namen findet, entsteht die verhängnisvolle Idee. Der Schreiber verbreitet Lügen über Butters Gewicht und seine Fressgier.
Butter fasst den Entschluss, eine eigene Website einzurichten und sich bis Silvester eine Henkersmahlzeit auszudenken, an der er live sterben wird. Doch kann man sich zu Tode fressen?
Alle, die Butters Website anklicken, sind skeptisch, aber sie haben auch Freude an der Idee, schließen Wetten ab und beteiligen sich enthusiastisch an der Zusammenstellung des tötlichen Menüs für den Abgang. Jeder in der Schule weiß auch, wer die Website eingerichtet hat. Niemand verpfeift Butter, denn sie glauben ihm nicht oder nicht so richtig.
Butter wird plötzlich für die angesagten Typen, die auch um Anna herumschwirren, zu einem interessanten Objekt ihrer Beobachtung. Der Jugendliche genießt die Aufmerksamkeit seiner Klassenkameraden, die ihn vorher nur belächelt haben. Und Butter gelangt in Annas wirkliche Nähe. Butter überlegt, denn er meint es mit dem Todestag sehr ernst, was er vor dem Ende noch tun müsste.
Angst vor Enttäuschungen und der Wille zur Perfektion bilden für Butter einen Teufelskreis aus dem er nur gelangt, wenn er isst, sich tröstet. Essen kann nicht enttäuschen. Doch zieht Butter seinen Selbstmordplan bis zum Ende durch? Kann man sich überhaupt zu Tode fressen?
Viel komplizierter sind für Butter die neuen Beziehungen, die er durch seine Ankündigung eingehen konnte. Er will nicht mehr auf Freunde, auch wenn sie zum Teil ziemliche Arschlöcher sind, verzichten. Und was ist mit Anna? Als Chatpartner hat er behauptet, er würde sie Silvester treffen.
Fazit: Gut geschriebene Geschichte über einen Außenseiter, der ein empfindsamer, kluger Typ ist, aber nie so leben kann, wie er möchte. Butter muss Entscheidungen treffen, die sich jedoch nicht auf ein Ende, sondern einen Anfang konzentrieren.
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