Zoë Beck: Brixton Hill, Suhrkamp Verlag, Berlin 2024, 382 Seiten, €14,00, 978-3-518-47425-9

„Alan Collins hatte es geschafft, die Tür zu dem dunklen Ort, an den sie die Angst verbannt hatte, aufzustoßen. Er hatte dafür gesorgt, dass sich ihre Freundin umgebracht hatte. Und er hatte ihren Bruder getötet. Dabei war er nur an ihr interessiert.
An ihrem Leben und an ihrem Tod.“

Doch hier irrt die dreiunddreißigjährige Emma Vine, aus deren Perspektive diese gut erzählte wie spannende Geschichte aufgerollt wird. Es ist das Jahr, in dem die eiserne und nun demente Lady, Margaret Thatcher, sterben wird. Mit ihr ist der rücksichtslose Kapitalismus nicht untergegangen, ganz im Gegenteil. Gerade in London wurden bestimmte Wohnviertel aggressiv gentrifiziert und Emma lebt ahnungslos in einem der neuen schicken Gebäude, deren Apartments sich nur wohlbetuchte Leute leisten können. Denn Emma stammt aus einer Bankerfamilie. Ihre neunzigjährige Großmutter Patricia leitete eine Privatbank. Als Emma sich in ihrer Funktion als Eventmanagerin mit Kimberly Rasmussen, einer Inhaberin einer kleinen, aber gut vernetzten Agentur, auf der Isle of Dogs in Ost-London im Limeharbour Tower trifft, beginnt das Drama. Zuerst fällt der Strom aus, Leute bleiben kurzzeitig im Fahrstuhl stecken und dann strömen die Rauchschwaden von Patronen durch die Räume. Panik bricht aus, da alle glauben, das Gebäude würde brennen. In Kimberley wecken diese Geschehnisse alte Traumata und sie springt in ihrer heillosen Verzweiflung aus dem 15. Stock. Als die Polizei eintrifft, niemand wird wirklich verletzt, verhaftet sie sofort Emma, denn angeblich hatte ihr Handy diesen terrorähnlichen Akt ausgelöst. Eric, Emmas Anwalt und Zwillingsbruder, kann alle Argumente der Polizei entkräften. Dabei ahnt Emma, wer ihr und vor allem Kimberly das angetan hat. Alan Collins stalkt Emma auf allen Sozialen Kanälen. Dabei hatte sie nichts mit ihm, doch ihn schien ihre Absage an eine Beziehung tief zu kränken. Krude Ankündigungen, E-Mails mit Dokumenten – alles hatte Emma ignoriert und zum Teil gelöscht. Ohne Angst sucht sie Alan auf, um ihn zur Rede zu stellen. Doch dann kommt Eric, jetzt bei einem Brand, ums Leben. Emma kehrt zur Familie, die sie nicht sonderlich liebt, zurück. Ihre Mutter hatte die Zwillinge verlassen, da waren die Kinder vier Jahre alt. Tante Katherine und auch Onkel Frank stehen Neffe und Nichte nicht nah, auch die Großmutter neigt eher zur Gefühlskälte. Auch für Erics Tod soll Emma die Schuld tragen. Sie taucht ab und versucht nun, da die Polizei ihre Anschuldigungen gegen Alan nicht ernst nimmt, auf eigene Faust zu ermitteln. Doch nichts von dem, was die sozialen Medien ihr vorgegaukelt hatten, entspricht der Wahrheit. Denn auch Alan Collins wird ermordet in der Themse aufgegriffen und erneut beginnen die Drohungen im Netz gegen Emma, die ihr verdeutlichen, dass sie das Ziel ist.

Als Neuauflage erscheint „Brixton Hill“ ( 2014 zuerst im Heyne Verlag erschienen ) bei Suhrkamp und greift fast vorausschauend das Thema Gentrifizierung auf, dass auch in Becks Heimatstadt Berlin aktuell ist. Unter ihrem Pseudonym Zoë Beck schreibt Henrike Heiland bislang Romane, die alle in Großbritannien spielen und ohne Frage, sehr lesbar sind. Denn sie widmet sich einem weiteren heftig in der Kritik stehenden Thema, der anonymen Bedrohung von Menschen in den sozialen Medien. Wohltuend ist, dass Ermittlungen der Polizei kaum eine Rolle spielen und eher
die taffe Emma eigene Ansichten revidieren muss, um zu verstehen, wer wirklich hinter den Morden und Mordanschlägen steckt.

Empfehlenswert!