Thomas Klupp: Wie ich fälschte, log und Gutes tat, Berlin Verlag, Berlin / München 2018, 254 Seiten, €20,00, 978-3-8270-1366-8
Es hagelte nur so Dreien und Vieren und hin und wieder sogar Fünfen aufs Pult. Ehrlich, ich kam aus dem Fälschen gar nicht mehr raus. Hätte ich all die Zeit ins Lernen investiert, ich wäre Klassenbester gewesen. Garantiert.“
Um die Tobsuchtsanfälle seiner Mutter, aber auch die Depressionen und das Schweigen zu vermeiden, fälscht Benedikt Jäger seine Noten, Zeugnisse, ja ganze Schulaufgaben seit der achten Klasse. Alles kann er sich im Netz besorgen und den Schulstempel illegal aus Tschechien auf dem Vietnamesen-Markt gegen die Zahlung von zweihundert Euro. Vorher war der heute 15-jährige Benedikt, den alle nur „Dschägga“ ein Einserkandidat, aber dann ging es irgendwie bergab, sogar in Englisch, seinem Lieblingsfach. Dabei stiegen Benedikts Eltern seit dem Umzug nach Weiden in der Oberpfalz gesellschaftlichtt auf. Benedikts Vater ist im Ort ein angesehener Mediziner und die Mutter in allen möglichen Carity-Clubs, natürlich auch für Menschen in Not, aktiv. Für die Events, die seine Mutter auch Zuhause organisiert, schmeißt sich ihr Sohn in Schale und stellt sich an den Grill. Denn auch Benedikts Mutter täuscht vor ihren neuen Freundinnen so einiges vor, was lieber im Verborgenen bleiben sollte. Benedikt spielt im Tennisteam, stromert mit seinen Freunden umher, ist dem Alkohol und dem Marihuana nicht abgeneigt. Als Ich-Erzähler kommt Benedikt in einem sehr lebendigen, witzigen und manchmal auch abgeklärten Ton zu Wort.
„… als es klopfte. Konnte eigentlich nur meine Mutter sein. Mein Vater klopft nicht. Der stürmt wie die Gestapo ins Zimmer, egal, was man gerade tut.“
Trotz guten Kontakten zu Drogendealern nehmen er und seine Freunde an einer Antidrogen-Kampagne teil und sind überall in der Stadt auf Plakaten zu sehen auf denen steht: „Geh ans Limit! Ohne Speed!“. Auf Kriegsfuß steht Benedikt allerdings mit seinem verhassten Mathelehrer, den alle Sargnagel nennen. Aber das Leben in der Provinz ist gar nicht so schlecht, registriert die Hauptfigur, nachdem das Tennisteam in die wirkliche Hölle, nach Gräfenwöhr reisen musste. Hier wird erstmal getrickst, dass einem Angst und Bange werden könnte. In Weiden wird vorgetäuscht, gelogen und betrogen und sogar Benedikts Beziehung zu seiner angeblichen Freundin Marietta, die extrem gut küssen kann, ist ein Fake.
Bereits in seinem Roman „Paradiso“, erschienen 2009, schrieb Thomas Klupp ausführlich über das unspektakuläre Weiden und hinterließ mächtig Eindruck.
Das Leben in der Provinz mit einer gehörigen Portion Humor führt der Autor vor und zeigt, nicht immer muss die Unwahrheit etwas Schlechtes sein, in Weiden kann sich auch alles zum Guten wenden.
Schreibe einen Kommentar