Dominique Horwitz: Tod in Weimar, Knaus Verlag, München 2015, 288 Seiten, €19,99, 978-3-8135-0663-1

„Mitten im Leben sind wir vom Tod umfangen. Ich will, dass das aufhört, dachte Kaminski.“\r\n\r\nRoman Kaminski, ehemaliger Schauspieler, und nun Dank Erbe, Besitzer von Haus und Hof in der Nähe von Weimar, arbeitet als Reiseführer und Kutscher in imposanter Livree. Seinen Text für die Touristen kennt Kaminski in- und auswendig. Und so kann er alles abspulen, wenn er am Goethehaus, an Schillers Wohnhaus und an den zahlreichen anderen kulturellen Orten Weimars entlangfährt, aber auch die große Tour mit Besichtigung des Konzentrationslagers Buchenwald absolviert. Irgendwie scheint Kaminski dem Autor etwas zu gleichen, er hat ebenfalls abstehende Ohren, kam aus Wessiland in den Osten, ist Schauspieler und liebäugelt mit der attraktiven Wirtin Laura. Kaminski zitiert gern aus Schillers Dramen, Lichtenbergs Aphorismen und aus klassischen Filmen. Natürlich erinnert der Titel „Tod in Weimar“ ein bisschen im Klang an „Tod in Venedig“. Aber hier hören auch schon die Parallelen zur hohen Literatur auf, denn Dominique Horwitz ist in seiner Wortwahl, gerade wenn seine Figuren sprechen, ziemlich derb.

Und da dies ein Kriminalroman sein soll, gibt es auch gleich einen Toten, den Hausmeister in der Villa Gründgens, einem Altersheim für Künstler, die sich mit entsprechendem Salär einkaufen können. Die zupackende Dr. Trixi Muffinger, die Leiterin des Hauses, engagiert vorübergehend den gutmütigen Kaminski für diverse Arbeiten im Keller. Da der Winter vor der Tür steht, muss einiges auch an der Heizung getan werden. Hätte Kaminski geahnt, was da auf ihn zukommt, er hätte einen weiten Bogen um die Dame gemacht.

Denn kaum ist der Hausmeister an plötzlichem Herztod verstorben, schon folgt der zweite mit gleicher Todesursache. Erwin Reichenbach gehörte zum Schiller-Zirkel, einer illustren Runde von Schauspielern, Sängern, einem Polier und einer Balletttänzerin, die das Stück „Die Räuber“ zur Aufführung bringen wollen. Nicht gerade feinfühlig gehen die Mitglieder auf ihre alten Tage miteinander um. Neid und Eifersucht, wie einst auf den großen Bühnen, bestimmen ihren Lebensalltag. Kaminski fühlt sich, auch durch seine vergangene berufliche Laufbahn, diesen Leuten nahe. Als sich dann aber herausstellt, dass Erwin Reichenbach keines natürlichen Todes gestorben ist, beginnen sich alle zu beobachten. Kommissar Marc Westphal übernimmt die Ermittlungen und erpresst den armen Kaminski. Er soll für ihn im Altenheim spionieren.

Auf Kaminskis Hof treibt sich ein vierzehnjähriges Mädchen herum, das alle Frettchen nennen. Als Außenseiterin wurde sie von den jugendlichen Nazis im Dorf ziemlich verprügelt und gedemütigt. Kaminski schafft es einfach nicht, das Kind nach Hause zu seinem Vater zu schicken, der ebenfalls zuschlagen kann, wenn ihm etwas nicht passt. Westphal hat nun beide sozusagen erwischt und er unterstellt Kaminski Unzucht mit einer Minderjährigen. Diese Minderjährige jedoch hat ein Mundwerk, bei dem auch Westphal kurz die Luft wegbleibt. Sie ist gewöhnlich, vulgär und sehr einsam.

Kaminski bleibt nichts anderes übrig. Er hält die Ohren in der Villa Gründgens offen. Als dann Oberst von Lehndorff tödlich verunglückt, ist klar, hier geht es um einen bestimmten Kreis von Personen, der ausgelöscht werden soll. Kaminski wird den Fall lösen und dann endlich in Lauras Arme sinken.

Auf jeden Fall unterhaltsam, und vor allem mit viel Augenzwinkern und einer gewissen Eitelkeit zu Papier gebracht, ist dieses Debüt vom bekannten Schauspieler und Sänger Dominque Horwitz. Allerdings packt er einfach viel zu viel in den Handlungsverlauf. Die Stadt Weimar ist die dankbare Hintergrundkulisse und natürlich darf eine Satire auf die allzu kulturbeflissenen Touristen nicht fehlen. Die überalterte Künstlerszene und ihre Marotten werden karikiert und die Möchtegern-Regisseure, die eigenen Berufsgilde sozusagen. Und Horwitz thematisiert die Nazivergangenheit, streift kurz die Stasi, erzählt von den gegenwärtigen Neonazis in Thüringen, von verlorenen Jugendlichen und einer Rache, die auch noch politisch korrekt sein soll. Die Geschichte ist überladen mit Zitaten und sie ist szenisch teilweise zu konstruiert. Vielleicht hätte er sich mehr auf die Figuren und ihre Geschichten konzentrieren können. Aber Horwitz kann Dialoge schreiben, auch wenn diese sich manchmal nicht gerade fein lesen.