Donna Leon: Tierische Profite, Commissario Brunettis einundzwanzigster Fall, Aus dem Amerikanischen von Werner Schmitz, Diogenes Verlag, Zürich 2013, 327 Seiten, €22,90, 978-3-257-06858-0
„Für Brunetti stand von jeher fest, dass die meisten Leute von Gier angetrieben werden. Von Sinneslust oder Eifersucht mochte man sich bisweilen zu Kurzschlusshandlungen hinreißen lassen, doch die meisten Verbrechen, insbesondere solche, die sich über einen längeren Zeitraum hinzogen, waren von Gier motiviert.“
In den Wasserstraßen Venedigs wird eine Leiche ohne Papiere gefunden, ein Mann mit einer seltsamen wie seltenen Krankheit. Bei der Madelung-Erkrankung schwillen Hals und Oberkörper enorm an. Oftmals ereilt diese Krankheit Alkoholiker oder Drogenabhängige, aber der Tote ist weder das eine noch das andere. Seine feinen Lederschuhe lassen eher auf einen wohlhabenden Mann schließen. Commissario Brunetti weiß, er hat ihn schon einmal gesehen. Nach längerem Suchen stoßen die Ermittler auch auf die Identität des Toten. Andrea Nava ist Tierarzt einer privaten Klinik in Mestre und hat nebenher noch als Gutachter für den Schlachthof gearbeitet. Seit kurzem hat sich seine Frau von ihm getrennt.
Schnell kann sich der erfahrene Krimileser zusammenreimen, dass hinter allem die kriminellen Praktiken, bereits der Titel winkt mit dem Zaunpfahl, in italienischen Schlachthöfen steckt und der gute Tierarzt hierhin auf irgendeine Weise verwickelt war. Als Brunetti mit seinem Vorgänger spricht, erfährt er, dass die Bauern die kranken Tiere selbst entsorgen müssen. Erwartet wird, dass der Tierarzt genau hinschaut und trotzdem viele kranke Tiere einfach durchwinkt, deren Fleisch dann auf unserem Teller liegt.
„Tuberkulose, Verdauungsstörungen, Krebs, Viren, Würmer. Praktisch alle Krankheiten, die Tiere haben können. Manche sahen aus, als hätten sie kontaminiertes Futter bekommen. Immerhin habe ich versucht, die schlimmsten auszusondern.“
Der Leiter des Schlachthofes ist auch noch ein Schwiegersohn eines bekannten Bau-Mafiosi, der mehr Angst vor dem Schwiegervater hat als alles andere. Korruption, Bestechlichkeit und Gier stecken hinter diesem Mord an einem moralisch integeren Menschen, der einmal schwach geworden ist.
Ziemlich einfach strukturiert, ohne jegliche überraschende Wendungen, wurde dieser wie immer atmosphärisch dichte Roman, wenn es um Venedig geht, heruntergeschrieben.
Man muss Guido Brunetti, der zur Beruhigung seinen Aischylos liest, und all die Figuren um ihn herum einfach lieben, um sich immer wieder erneut auf seine Fälle einzulassen.
Guido Brunetti, eine nette Nebeninformation, erhält endlich einen Computer, verlässt sich aber wie immer auf die einflussreichen Kontakte und Informatikkenntnisse der unabkömmlichen Signora Elettra. Brunetti und der treue Vianello umschiffen wie immer die Anweisungen ihres Vorgesetzten Patta und überschlagen sich bei ihren Ermittlungen kaum. Hier und da wird ein Kaffee getrunken, es wird lang und gut trotz allem gegessen.
Allerdings wird Brunetti nach seinem Besuch im Schlachthof demnächst auf Fleisch verzichten und der Leser wahrscheinlich auch.
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