Tim Parks: Thomas & Mary, Aus dem Englischen von Ulrike Becker, Verlag Antje Kunstmann, München 2017, 336 Seiten, €22,00, 978-3-95614-164-5
„In Geldsachen funktionierte ihre Beziehung perfekt. Alles andere zerbrach. Zehn Jahre nach dem Einzug betrog Thomas sie in diesem Haus.“
Alles beginnt schon unheilvoll, Thomas Paige verliert, ohne Absicht und nicht aus Nachlässigkeit, seinen Ehering am Strand. Ein schlechtes Zeichen, keine Frage.
Und natürlich schreibt Tim Parks nicht über eine wundersam heile Ehe, die über 25 Jahre hält, sondern über eine, die ziemlich bald nach dem Karriereanstieg des Ehemannes sich im Abstieg befindet. Mal erzählt ein auktorialer Erzähler, dann wieder ein Freund von Thomas, dann Thomas und am Ende weiß man, nur Thomas allein berichtet hier vom Debakel seiner Ehe mit Mary. Als Thomas endlich das gemeinsame Haus verlässt, ist da noch der Teenagersohn Mark.
Mary verbringt ihre Tage mit Pilates und ihrem Hund, einem aufgeweckten Cocker-Spaniel, dem sie ihre volle Aufmerksamkeit widmet. Zu diesem Zeitpunkt laviert Thomas immer noch hin und her, ob er nun zu seiner Frau zurückkehren sollte oder nicht. Seine Geliebten kennen diesen Tanz bereits und halten ihn mal länger, mal kürzer aus. Wenn Thomas Mary beschreibt, dann bleibt sie ziemlich blass. Was sie mit all ihrer Zeit, ohne wirklich feste Arbeit, anfängt, wird im Laufe der Erzählung nicht deutlich. Sie macht irgendetwas freiberuflich. Sie freundet sich schnell mit Leuten an, die sie jedoch nie in ihr Haus einladen würde. Schon als Thomas sie kennenlernt, scheint die Familie sich eher über ihn lustig zu machen, als ihn ernst zu nehmen.
Immer wieder umkreist Thomas seine eigenen Familienhintergrund, die sehr kranke Mutter, sein Verhältnis zum verstorbenen Vater, zum renitenten Bruder, der in Australien lebt, und seiner wie seine Mutter sehr gläubige Schwester. Immer ist Thomas der Zauderer, derjenige der nie weiß, was er sagen oder gar tun soll, der den Absprung nicht schafft oder auch nicht schaffen will. Auch in der Ehe, das wird schnell klar, äußert sich Thomas nicht. Er weicht aus, nimmt die Dinge nicht in Hand, entscheidet nichts. Als dann über die Weihnachtsfeiertage auf Betreiben Marys kostengünstige Handwerker das Haus renovieren, greift Thomas nicht ein, obwohl seine kranke Mutter sich völlig deplatziert fühlt. Thomas schluckt alles, geht den Weg des geringsten Widerstandes.
Richtige Qualen scheint keiner zu leiden, nicht mal Mary, die sich ihren finanziellen Anteil auch für die Rente schon holen wird. Ist es die Sprachlosigkeit, die die beiden Eheleute auseinanderbringt, oder eher die Tatsache, dass sie einfach nicht zusammenpassen? Wie Tim Parks das Leben aus Thomas‘ Perspektive zwischen schlechtem Gewissen und nervigem Eheleben beschreibt, das liest sich von Anfang bis Ende unterhaltsam, stellenweise sogar komisch.
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