Felicitas Mayall: Schwarze Katzen, Laura Gottberg ermittelt, Kindler Verlag, Reinbek 2014, 384 Seiten, €19,95, 978-3-463-40647-3
„Falls Angelo mit seinen Wortspielen recht hatte, dann bedeutete ihre einbetonierte Leiche tatsächlich Mafia. Aber Angehörige der Mafia waren sicher nicht so dämlich eine Leiche mitten auf der Prinzregentenstraße zu verlieren.“
Voller Selbstvertrauen und innerer Sicherheit schaut Sergio Cavallino aus einem kleinen Ort in Kalabrien in den Spiegel. Sein Edelrestaurant Montenero in München hat den besten Ruf und die Geschäfte auch parallel zur Gastronomie laufen komplikationslos. Ja, er könnte ein bisschen größer sein, aber Glück bei den Frauen hat er auch so. Er ist der einzige in der Familie, der studieren konnte und nun steht er im Dienst, das war klar, der „Ehrenwerten Gesellschaft“.
Aber im Laufe der Geschichte wird Sergio immer dünnhäutiger, er zweifelt an der Allmacht seiner Familie, der eingeschworenen Solidarität und an der Funktionsfähigkeit der alten Mafiastrukturen. Offenheit kann die Familie kaum ertragen, jeder muss funktionieren und keine Fragen stellen, auch nicht über den Tod des Bruders Gabriele, der gern aus der Reihe tanzte.
Als Sergio in seinem Restaurant spät in der Nacht überfallen wird und im Gegenzug den Einbrecher tötet, löst er eine Krise aus, die den Zusammenhalt der Familie auf die Probe stellt. Kaum ist die Kriminalkommissarin Laura Gottberg aus dem Urlaub mit ihrem Freund, Guido Guerrini, ebenfalls Commissario, aber in Siena, zurück, liegt eine einbetonierte Leiche mitten auf der Straße. Die Identifizierung des Toten stellt die Pathologen vor eine schwierige Aufgabe. Laura geht fast gleichgültig an den neuen Fall, zumal ihr Partner Peter Baumann in die Reha muss und sie nun mit Severin Burger arbeitet, einem hochmotivierten Polizisten aus Regensburg. Außerdem nervt wie immer Kriminaloberrat Becker, aber er hat auch seine hellen Momente:„ Wir haben absolut nichts in der Hand, nicht wahr? Herrgott noch mal, warum konnten die ihre Betonleiche nicht in Augsburg auf die Straße legen oder in Ingolstadt, Rosenheim oder Nürnberg?“
Und dann kehrt auch noch die fünfzehnjährige Sofia aus London zurück, aber nicht allein. An ihrer Seite ist ihr Freund Patrick, über dessen Ankunft alle Bescheid wussten, nur Mutter Laura nicht. Sorgenvoll macht sie eine gute Miene zu diesem Überfall, der Drängelei morgens an der Badtür und der Angst, dass die Tochter sich zu früh bindet.
Die Polizei steht jedenfalls vor einem Rätsel. Auch Sergio Cavallino ahnt, dass etwas Bedrohliches auf ihn zukommt. Immer wieder findet er Briefe, in denen ihm freundlich nahegelegt wird, zu cooperieren. Doch mit wem soll er sich einigen?
Schwarzen Katzen laufen Sergio über den Weg, aber er sieht auch überall Gefahr.
„Plötzlich hasste er die Familie so heftig, dass es ihn schüttelte. Er musste an Leimruten denken, an denen Vögel festklebten und sich nie mehr befreien konnten.“
Die Atmosphäre im Restaurant Montenero wird immer angespannter.
Laura setzt sich mit der Abteilung Organisierte Kriminalität in Verbindung, um eine Spur zu ihrem Toten zu finden, der wie anfänglich geglaubt, von der Russenmafia stammen könnte. Aber alle Spuren, sogar eine hilflose Razzia der LKWs, die das Montenero beliefern, läuft ins Leere. Wenn den Geschäftsleuten der Drogenhandel nicht eindeutig nachzuweisen ist, kann man sie auch nicht belangen und schon gar nicht telefonisch abhören nach deutschem Gesetz.
Sergio, der sich mit seinem Bruder Michele und auch mit Cousin Eduardo nur noch streitet, ist völlig am Ende. Onkel Carmine greift ein, aber die Anspannung bleibt bis zu dem Moment, wo klar wird, was eigentlich gespielt wird. Ohne Sergios Wissen hat die Familie mit dem dubiosen Della Valle aus Siena ein Immobiliengeschäft mit einem Investor aus Deutschland eingefädelt und die Briefeschreiber, die Gatti Neri, die Schwarzen Katzen, wollen mit einsteigen. Und eine Frau, Barbara Bonanni, ist der Boss. Jetzt kommt Guerinni ins Spiel, obwohl er mit Laura nie wieder zusammenarbeiten wollte.
Alle stecken irgendwie fest. Laura und Guido wissen nicht, wie sie ihre Beziehung durch ihre räumliche Trennung weiterführen sollen und Sergio fühlt sich durch die Psychospielchen der Gegner und das Misstrauen in der eigenen Familie in seiner Position gefährdet. Wurde sein Bruder Gabriele von den eigenen Leuten beseitigt, weil er zu auffällig gelebt hat? Sergio plant innerlich seine Flucht, ohne zu ahnen, wie tief er im Cavallino-Bonanni- Komplott steckt.
Fast ein Crash-Kurs über die multinationalen Mafiaaktivitäten und kriminelle Parallelwelten, speziell der Ndrangheta und ihrer hochmodernen Syndikate, steht hinter diesem neunten Fall. Immer auf der Suche nach einer Schnittstelle zwischen Siena und München ist natürlich die Mafia für Felicitas Mayall und ihre Hauptfiguren ein Thema. Der Leser ist über Sergios Gedankengänge bestens informiert und somit den Kommissaren immer einen Schritt voraus. Das macht die Lektüre so reizvoll und wer wissen will, wie es mit Laura und Guerrini weitergeht, der darf sich auf den zehnten Fall freuen.
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