Sarah Harman: All the Other Mothers Hate Me, Aus dem Englischen von Leena Flegler, Blanvalet Verlag, München 2025, 464 Seiten, €23,00, 978-3-7645-0948-4

„Nur mit Mühe bringe ich ein Lächeln zustande. Am liebsten würde ich mich in Luft auflösen, augenblicklich, oder wie Wassereis zwischen die Parkettdielen sickern und nur einen klebrigen lila Fleck hinterlassen.“

Die Amerikanerin Florence Grimes, die Ich-Erzählerin und Hauptfigur des Romans, ist ziemlich chaotisch und sitzt zwischen allen Stühlen. Sie wohnt zwar im hippen, multikulturellen Londoner Viertel Shepers‘ Bush, aber sie lebt mit ihrem zehnjährigen Sohn Dylan in einer kleinen Wohnung, in der ständig etwas kaputt geht und sie immer wieder ihren gutmütigen Nachbarn Adam um Hilfe bitten muss. Dylan geht auf die teure St.Angeles Privatschule, deren Kosten ihr geschiedener Mann Will übernommen hat, aber ihr Sohn ist ein Außenseiter und sie die bedauernswerte Mutter, die finanziell mit all den anderen steinreichen Familien und fantastisch gekleideten Müttern in ihren SUVs nicht mithalten kann. Als ehemalige, abgehalfterte Sängerin bei der Band Girls‘ Night, die nach ihrem Weggang so richtig durchstartete, verkauft sie nun über die sozialen Medien Luftballons für Events. Doch Florence hält mit ihrem sarkastischen Blick auf ihre piekfeine Umwelt den Kopf über Wasser und kämpft wie eine Löwin für ihren Sohn Dylan, der ausgerechnet mit dem fiesen Alfie, dem Erbe eines Tiefkühlunternehmens, einem wirklich unsympathischen wie fiesen Kind, aneinandergeraten ist. Als Dylans Klasse dann einen Busausflug unternimmt, muss er auch noch mit Alfie eine Zweiergruppe bilden. Zurück an der Schule stellen die Lehrer dann entsetzt fest, dass Alfie verschwunden ist.

„’Vermisst wird der zehnjährige Alfie Risby, aber um ganz ehrlich zu sein: Er ist ein kleines Arschloch.’“

So der Kommentar von Florence, die die ganzen heuchlerischen Sprüche der Eltern an der Schule kaum ertragen kann. Zwar hat sie Mitleid mit Alfies Mutter, die sich gerade von ihrem schmierigen Ehemann trennen will, aber ansonsten hat sie eher Angst, dass Dylan beschuldigt wir, zumal er Alfies Rucksack unter seinem Bett versteckt hat und die Polizei mit ihm sprechen will. Allerdings ist Dylan zu diesem Zeitpunkt bei seinem Vater. Florence hat das Gefühl, dass sie ihren Sohn beschützen muss und ist überrascht, dass die absolut taffe wie beruflich und finanziell sehr erfolgreiche Jenny Choi, ebenfalls Amerikanerin und Mutter von Zwillingen, allerdings neu an der Schule, mit Florence an einem Strang ziehen will. Jenny ist Perfektionistin und findet mit ihren Mitteln heraus, dass der Vater von Alfie, Rollo Risby, obwohl er bei der Mahnwache für seinen Sohn an der Schule behauptet es sei sein einziges Kind, noch einen erwachsenen Sohn hat. Könnte er hinter der Entführung stecken? Oder hatte Alfie einen Unfall? Und dann gibt es noch diesen Mathelehrer, der wegen angeblicher sexistischer Übergriffe aus dem Dienst an der Schule entlassen wurde. Hat eine Intrige der reichen Eltern seine Karriere zerstört oder könnte er der Täter sein?
Und dann soll auch noch Dylan offiziell von der Polizei befragt werden, denn mit zehn Jahre ist er durchaus strafmündig.
Neben all den Befragungen, die Florence und Jenny unter dem Radar der Polizei durchführen, erinnert Florence sich an die letzten zehn Jahre und hofft insgeheim, leider vergeblich, auf ein Comeback als Sängerin. Und dann kracht es auch noch so richtig heftig zwischen Florence und Jenny. Wie der Fall Alfie dann doch noch gelöst wird, hat die Polizei natürlich den beiden Frauen zu verdanken.
Amüsant liest sich diese „Loser“ – Geschichte einer jungen Frau, die mit allen Mitteln um ihre kleine Familie kämpft und dabei nicht ihren Humor verliert.