Pierre Lagrange: Verlorene Provence – Ein Fall für Albin Leclerc, Scherz im S.Fischer Verlag, Frankfurt a.M. 2025, 320 Seiten, €18,00, 978-3-651-02511-0
„Der Hauptdarsteller erschossen. Der Regisseur beinahe erschlagen. Der Produzent rang mit dem Tod. Mein Gott, wohin würde dieser Fall noch führen?“
In Cannes findet das international gepriesene Filmfestival statt und in der Nähe von Avignon wird der französische Klassiker „Die Mörderischen“ als Remake neu verfilmt. Alles dies würde Ex-Commissaire Albin Leclerc wenig interessieren, wäre nicht bei Dreharbeiten ein schreckliches Unglück passiert. Bei einer Kameraprobe wurde auf den berühmten amerikanischen Schauspieler Bradley Stone nicht mit Platzpatronen geschossen, sondern mit scharfer Munition. Eine Nebendarstellerin, die per Zufall vorbeikam, wurde gebeten, die Stelle der eigentlichen Schützin im Film einzunehmen. Claire Lambert heißt der junge Filmstar und sie hatte vor Kurzem sogar eine unschöne kurze Liebesbeziehung mit dem nun toten Schauspieler. Doch warum musste der allseits beliebte Brad Stone sein Leben lassen? Regisseur Wilson Fairchild und Produzent Oliver Besson jr. sind ratlos, allerdings trauern sie nur eine kurze Zeit, denn the show must go on. Albin Leclerc jedenfalls schnappt sich seinen Mops Tyson, mit dem er in trautem Zwiegespräch so einige Probleme wälzt, und beginnt als Berater der nicht gerade begeisterten Ermittler Capitaine Castell und Theroux, während der Dreharbeiten Fragen zu stellen. Er soll sogar den bekannten Schauspieler Yves Serrault in seiner Rolle als Ex-Commissaire, was Albins Ehefrau Veronique, die auf ein Selfie mit dem Filmstar spekuliert, beraten. Doch kaum stehen die beiden Ex-Commissaires am Drehort, fällt auch schon ein riesiger Scheinwerfer in ihre Richtung. In der Nacht vorher hatte eine schwarz vermummte Gestalt den Versuch unternommen, den Regisseur mit einer Axt zu erschlagen. Und der Produzent des Films liegt mit einem Herzinfarkt im Krankenhaus. Wer steckt hinter allem? Wer will die Dreharbeiten um jeden Preis verhindern?
Mal aus der personalen Perspektive von Albin, dann wieder aus den Blickwinkeln der Polizisten oder denen der beiden konkurrierenden Hauptdarstellerinnen, die sich scheinbar nicht ausstehen können, erzählt Pierre Lagrange von einem ziemlich herzlosen Völkchen. Kein Klischee wird ausgelassen. Natürlich spielt die MeToo – Bewegung eine Rolle, denn immer noch bitten Regisseure, die egomane Intriganten sind, junge Schauspielerinnen auf die Besetzungscouch, es geht um die Eitelkeiten, Alkohol- und Tablettensucht, den Regisseur als Tyrannen, der glaubt durch Demütigungen aus seinen Schauspielerinnen das Beste herauszuholen und um Schauspielerinnen und Schauspieler, die im wahren Leben ganz normale Menschen mit Schwächen und Stärken sind. Über allem schwebt der zeitlose Ruhm und die Verehrung der Filmkunst, die Albin so gar nicht verstehen kann. Und natürlich verbreiten die sozialen Medien Gerüchte ohne Ende.
Doch all dies lässt Albin kalt, denn er hat unaufgeregt und unberührt vom ganz Theater um den berühmten Cast längst eine Spur gefunden.
Vor der herrlichen Kulisse der Provence spielt dieser Krimi, der ohne große Überraschungen auskommt und trotzdem die Lesenden mit Ausflügen zu Weingütern ( auch von berühmten Schauspielern und Regisseuren ) oder pittoresken Orten gut unterhält.