Meg Rosoff: Oh! Mein!Gott!, Aus dem Englischen von Brigitte Jakobeit, S. Fischer Verlag, Frankfurt a.M. 2012, 237 Seiten, €14,99, 978-3-10-066070-1

„Das Problem ist seine Aufmerksamkeitspanne, die Unfähigkeit, sich dauerhaft für etwas zu interessieren, der Hang, seine neuen Spielzeuge in irgendwelchen öden Winkeln der Erde auszurangieren, wo sie Staub ansetzen, während er dem nächsten heißen Flittchen hinterherjagt.“

Bob ist Gott. Niemand wollte den Posten haben, denn die Erde liegt so weitab vom Schuss im Universum. Also pokerte man und die leichtlebige, wie oberflächliche Mona gewann und übergab den Job an ihren nichtsnutzigen Sohn Bob. Er ist nun der Schöpfer aller Dinge auf Erden. Allerdings stellte man ihm Mr. B. an die Seite, der alles richten muss. Bob ist wie möglicherweise mehrere Jugendliche arrogant, einsilbig, schlecht erzogen und ein Langschläfer. Am Beginn hat Bob noch Ideen und erschafft die Erde in sechs Tagen, auch mit Mr. B.’s Hilfe. Zwar hat er enorme Energie und verfügt über Verwegenheit und Kraft, aber er verliert doch schnell die Lust an der Vollendung. Eins kann Bob gar nicht, Mängel erkennen und vorausschauend eindämmen. Und dann kommt sein Meisterstück – die Menschen. Er hat diese nach seinem Bilde erschaffen und heraus kommt ein Fiasko. So richtig interessiert ist er an ihnen auch kaum. Nur die jungen Frauen schaffen ab und zu Abwechslung im Einerlei der Jahrtausende. Neuerdings hat sich Bob in Lucy verguckt, ein junges, üppiges, attraktives Mädchen, 21 Jahre alt und leidenschaftliche Tierpflegerin. Mr. B. ist entsetzt über Bobs Sexualtriebe, die die Erde immer wieder in neue Naturkatastrophen stürzen, die Bob kaum kümmern. Mr. B. reicht sein Kündigungsschreiben ein und hofft auf einen dankbareren Job, als immer wieder sich um Hungersnot, Kriege und Umweltdebakel kümmern zu müssen.

Bob, auch etwas unsicher, nähert sich langsam seiner Angebeteten und entwickelt die idiotische Idee als Unsterblicher, sie heiraten zu wollen. Doch eins ist klar, Bob kann nicht Gott und Mensch gleichzeitig sein.
Inzwischen hat die ebenfalls ziemlich chaotische Mutter von Bob einfach sein Haustier Eck, ein angeblich schmackhaftes Wesen, das einem Pinguin gleicht, beim Pokern an einen anderen Gott verspielt. Er will Eck nun verspeisen. Bob ist recht gleichgültig und eigentlich nur sauer, dass seine Mutter hinter seinem Rücken seine Dinge verausgabt. Die Tochter eines Gottes, die einzige, die sich fragt, welchen Sinn ihr Dasein hat, jedoch empfindet Mitleid mit dem armen Tier.

Immer wieder hört Mr. B. die Stoßgebete der Menschen und versucht zu helfen. Bob hat immer weniger Lust auf seine Allmacht, die irgendwie auch nicht mehr funktioniert, auch wenn er aus der „Gottmasche“ so eine Vorteile gezogen hat. Früher konnte er die Ungehorsamen in Salzsäulen verwandeln, brennende Büsche und Froschplagen schicken. „Heute war ihm kaum noch erlaubt, sich schnell mal einen freien Parkplatz zu besorgen.“ Aber das fällt ja nun alles in Mr.B.’s Arbeitsbereich.
Bob muss sich amüsieren und dem Stillstand entgegenarbeiten.

Wie sich Bob, Mr.B., Mona, Lucy und Eck aus all dem Dilemma befreien und jeder seinen ganz eigenen Weg finden wird, das liest sich rasend komisch.

Die Erschaffung der Erde als Zufallsprodukt eines durchgeknallten, wie lethargischen jungen Mannes zu deuten, ist schon ein genialer Einfall. Die amerikanische bereits lang in Großbritannien lebende Autorin Meg Rosoff beweist mit ihrem vor Ideen und mythologischen wie gesellschaftspolitischen Anspielungen nur so strotzenden Romans, die Allmacht Gottes ist anfechtbar und niederschmettern.
Wie erklärt man sich die Debakel auf der Erde, die Unfähigkeit der Menschen in Frieden zu leben? Ein junger, hormongesteuerter Erwachsener, ausgestattet mit den Eigenschaften der Jugend, wie Gleichgültigkeit, maßlose Überschätzung und permanente Verantwortungslosigkeit hat an allem Schuld. Sein Handlanger Mr B. kann nur Schadensbegrenzung leisten.

Indirekt tobt im Hintergrund ein Generationenkrieg zwischen Mr. B., dem Problemlöser und Bob, der alles auf den Kopf stellt und sich um nichts kümmert.
Mit großer Leichtigkeit und Augenzwinkern spielt die Autorin ihr Ideenmodell vom jugendlich unbekümmerten Schöpfer durch und erteilt ihm sogar am Ende noch Absolution.

Auch die Götter sind bei aller Unsterblichkeit fehlbar, labil, spielsüchtig und verantwortungslos. Der Apfel fällt nicht weit vom Stamm und doch gibt es Ausnahmen.\r\n\r\nAbsoluter Lesespaß mit Tiefgang!