Liz Webb: Die Bucht – Du liebst ihn. Du vertraust ihm. Doch du hast keine Ahnung, wer er wirklich ist, Aus dem Englischen von Sabine Thiele, Goldmann Verlag, München 2025, 384 Seiten, €17,00, 978-3-442-49562-7
„Doch jetzt ist es passiert. Ich kann nichts fühlen. Ich kann nicht denken. Blitzlichter sind vor meinen Augen explodiert, und jetzt sehe ich nur noch grelles Licht. Tot.“
Nancy Ryan und Calder verbindet eine tiefe Liebe. Beide wollen ganz neu anfangen und ziehen von London aus auf die schottische Insel Langer, auf der Calder aufgewachsen ist. Sie bewohnen das Haus von Calders Mutter, die vor Kurzem verstorben ist. Nancy hofft nun endlich darauf, dass sie schwanger wird und sie hofft auch darauf, vergessen zu können. Unverzeihlich war ihr One -Night – Stand mit Calders einstigem Geschäftspartner Hamish, der ebenfalls aus Langer stammt. Er hat mit seiner Frau Gina gleich vier Kinder gezeugt und auch Nancy wird ungewollt schwanger, verliert das Kind allerdings durch eine Fehlgeburt. Für Nancy, die auch die Ich-Erzählerin ist, ist dieser Umzug eine Flucht. Auf der Insel wird schnell klar, dass auch Calder Nancy nicht in allem die Wahrheit gesagt hat. So ist sein Vater nicht an einer Herzattacken gestorben, sondern im Meer ertrunken. Nach seinem Tod wurde Calders Mutter Isla fanatisch gläubig und hat für Pastor Arran alles getan. Dieser Pastor geht Nancy mit seiner Anwesenheit ziemlich auf die Nerven und auch Calder lehnt alle Einladungen zu Gottesdiensten ab. Als Calder dann allerdings mit dem Boot hinausfährt und verunglückt, finden ihn Arran und Nancy. Obwohl Calders Herz gut sechs Stunden still stand, bringen die Ärzte, einem Wunder gleich, es wieder zum Schlagen. Doch was hat Calder an diesem Morgen auf dem eiskalten Wasser gewollt? Warum hat er Nancy nicht Bescheid gesagt? Warum schweigen die Leute auf der Insel, wenn man ihnen Fragen stellt? Was hat es mit dem Verschwinden von Calders Jugendfreundin Caitlin auf sich? Als Calder auf die Insel zurückkehrt, wird er mit einem Fest begrüßt. Die Nahtoderfahrung jedoch hat aus dem sanften und gutmütigen Menschen einen herrischen und plötzlich gläubigen gemacht. Nancy kann nicht fassen, dass Calder sie kaum mehr ansieht. Wenn er mit ihr intim wird, dann geht es nur um den schnellen Akt und nichts anderes. Er beginnt, wie sein Vater Kette zu rauchen, Alkohol zu trinken und zu behaupten, dass Nancy ihn nur bevormunden wolle. Doch warum stößt er Nancy von sich weg? Was hat er ihr noch alles verschwiegen? Wer ist er eigentlich?
Im Präsenz geschrieben verfolgen die Lesenden nun nah am Geschehen wie die harmonische Beziehung der beiden Liebenden auf eine harte Probe gestellt wird. Calder beichtet Nancy in einem schwachen Moment, dass er an diesem Morgen vor dem Unfall einen Menschen getötet habe. Er hat Robert Walker, den Vater von Caitlin, von den Klippen gestoßen. Als er ihn im Wasser suchen wollte, hat ein Sturm ihn überrascht und unters Boot gedrückt. Doch warum hat der tote Robert Walker, als er nach einiger Zeit gefunden wird, ein Seil um den Hals?
Nancy weiß ab einem bestimmten Moment nicht mehr, was sie glauben soll. Und dann kehrt auch noch Hamish auf die angeblich so verhasste Insel zurück.
Liz Webb lässt ihren spannenden Roman auf einer fiktiven Insel des Archipels der Hebriden spielen. Die Natur mit ihrer Landschaft aus Schiefer ist wie die Menschen dort rau, etwas altmodisch und hart im Nehmen. Schnell kann das Wetter umschlagen. Ohne Polizeiarbeit entdeckt Nancy mehrere Verbrechen und weiß doch, dass sie gegen das Schweigen aller nicht ankommt.
Spannend!