Ursula Poznanski: Layers, Loewe Verlag, Bindlach 2015, 448 Seiten, €14,95, 978-3-7855-8230-5

„Er hatte es ungeschickt angepackt und überhaupt nichts erreicht. Du wirst mehr wissen als alle anderen. Großartig, wenn er dadurch trotzdem nichts besser machen konnte.“
Es ist nicht leicht, das Leben auf der Straße. Der 17-jährige Dorian Rogner schlägt sich nun schon eine lange Zeit allein durch. Als seine Mutter an Krebs starb, da war der Jungen dreizehn Jahre alt und seitdem ist er nun seinem unberechenbaren prügelnden Vater ausgeliefert. Um diese Demütigungen nicht mehr ertragen zu müssen, beendet Dorian die Schule und geht seiner eigenen Wege. Als ihn der fette Emil mit seinen Kumpanen angreift, lässt sich Dorian nichts gefallen. Kurze Zeit später, Dorian kann sich nicht erklären, wie das geschehen konnte, liegt der tote Emil in seinem eigenen Blut neben Dorian. Hat Dorian ihn ermordet und kann sich nicht mehr erinnern? War seine Wut doch so stark?
Nico taucht auf und nimmt den verzweifelten Jungen in die Villa Bornheim mit. Der Eigentümer, Raoul Bornheim, kümmert sich um gestrandete Jugendliche, die weder drogen- noch alkoholabhängig sind. Sie erhalten saubere farblich abgestimmte Klamotten, ein Zimmer, Essen und Unterricht. Computer und Fernsehen sind in der Villa tabu, dafür steht eine Bibliothek den Jugendlichen zur Verfügung. Als Gegenleistung verteilen die Jugendlichen Flyer für Bornheims karitative Projekte. Dorian kann zuerst nicht fassen, dass jemand sich wirklich so selbstlos für junge Menschen einsetzt. Nach und nach verliert er sein Misstrauen, steht zwar recht unwillig an den Straßenecken mit seinen Flyern, aber er hat endlich ein Zuhause gefunden. Außerdem ist da noch Stella, in die er sich gleich verliebt.
Dorian quälen die Erinnerungen an Emil und seine mögliche Tat. Als ein Fremder Dorian auf der Straße anspricht und ihn nach Emil und dem bewussten Taschenmesser fragt, ist Dorian verunsichert. In einem Gespräch mit Raoul Bornheim werden jedoch seine Zweifel ausgelöscht. Bornheim macht ihm klar, dass er alle Chancen hat, irgendwann aufzusteigen und auch in seinen Firmen zu arbeiten.
Dann verschwinden nach und nach Jungen aus der Villa, sogar Melvin, der nie abhauen wollte.

Bornheim vertraut Dorian und erteilt ihm einen neuen Auftrag. Er wird zum Kurier.
Er muss Männern in exponierten Positionen Päckchen mit dem Satz übergeben:

„Das ist die zweite Lieferung.“

Er darf keine Fragen beantworten und muss fünf Minuten ausharren, wenn das Päckchen übergeben ist. Unter keinen Umständen darf er das Päckchen öffnen. Alles läuft gut bis Dorian erkennt, dass ein Kandidat, Philipp Regner, das Päckchen vehement ablehnt. Dorian jedoch darf erst in die Villa zurückkehren, wenn er das Päckchen abgeliefert hat. Auch wenn Dorian bisher ein williger Erfüller aller Forderungen Bornheims war, die Neugier ist zu groß, was er da eigentlich austeilt.
Dorian öffnet das Päckchen und wie die Büchse der Pandora kann er es nicht mehr schließen. Eine Brille kommt zum Vorschein, die alle Wahrheiten über den offenbart, der mit ihr fixiert wird. Dorian erkennt, welche Projekte Bornheim verfolgt und die Frage stellt sich, kann man wirklich Gutes tun, indem man verwerfliche Mittel einsetzt. Mit dem Wissen um die Brille begibt sich Dorian in größte Gefahr. Er landet nun wieder in der Gosse, muss sich verstecken und sieht beeinflusst von der Brille Ungeheuerliches. Und Dorian erfährt, dass Regner kurze Zeit später verstorben ist.

„Layer“ bedeutet Schicht. Dorian kann mit der Brille die Wirklichkeit sehen, die sich unter Schichten verborgen hält.

Aber Dorian werden auch Trugbilder vorgeführt und so sieht er, Stella erhängt an einer Brücke baumeln. Ein grausiges Erlebnis. Dorian wird menschlich und technisch manipuliert und doch wird er hinter all diese Machenschaften gelangen.
Moralisch bleibt die Frage auch nach dem Lesen im Raum stehen: Ist es gerechtfertigt, diejenigen die Macht und Einfluss besitzen, mit unlauteren Mitteln auf den politisch korrekten Weg zu führen?

Ursula Poznanskis Roman liest sich absolut spannend, unterhaltsam und vor allem wirft er Fragen auf, die gerade heute diskussionswürdig sind.