Ian Rankin: Die dunkelste Stunde der Nacht, Aus dem Englischen von Conny Lösch, Goldmann Verlag, München 2025, 432 Seiten, €24,00, 978-3-442-31726-4
„Rebus schloss die Augen und spielte die Unterhaltung noch einmal in Gedanken durch. Er sah immer wieder nur Malcolm Fox.
Deine Glanzzeit ist lange vorbei, John.
‚Na, das werden wir noch sehen.’“
Der ehemalige Inspector John Rebus muss nun, trotz baldigem Berufungsverfahren, seine Strafe für seinen angeblichen Mordversuch im Gefängnis in Edinburgh absitzen. Zwar bewohnt er eine Einzelzelle und geht einem leichten Job in der Bibliothek nach, doch könnten ihm einzelne Insassen auch mit Rachegedanken gefährlich werden. Da die Wärter keinen Ärger wollen und Rebus ein umgänglicher Strafgefangener ist, haben sie geregelt, dass der einstige, leicht verrückte Drogenhändler Darryl Christie Rebus unter seinen Schutz stellt. Der Einundsiebzigjährige hält engen Kontakt zu seiner Tochter Sammy und Enkelin Carrie, aber auch zur Ermittlerin Siobhan Clarke. Als dann jedoch unweit von Rebus‘ Zelle Jackie Simpson die Kehle durchgeschnitten wird, breitet sich Unruhe im Gefängnis aus, zumal zum Zeitpunkt des Mordes alle Gefangenen eingeschlossen waren, die Kameras nicht funktionierten und Simpsons Zellengenosse durch Drogen oder Medikamente in seinem Essen völlig weggetreten war. Rebus hatte schon längst mitbekommen, dass im Gefängnis alle möglichen Drogen in Pillenform erhältlich sind. Die Ermittlungen beginnen und aus der Ferne sehen DS Christine Esson und die Kollegen von der Spurensicherung nun den einst so unbescholtenen Ermittler unter den Kriminellen. Sie ahnen, dass er ebenfalls wissen will, wer Jackie getötet hat und auch der Anstaltsleiter bittet Rebus, die Augen offen zu halten. Und natürlich telefoniert Rebus auch mit Siobhan Clarke, denn auch versteckte Handys sind mit guten Beziehungen im Knast zugänglich. Und dann mischt sich vom Scottish Crime Campus ein gewisser Malcolm Fox ein, der, und das teilt er den anderen Ermittlern nicht mit, gemeinsam mit Jackie Simpson auf Drogensuche gegangen ist und ihn noch vor seinem Gefängnisaufenhalt in einen Friseurladen einbrechen ließ, um dort diverse Drogenpakete zu entdecken. Dass Jackie erneut in den Knast einfahren musste, war allerdings nicht Fox‘ Schuld. Perfide ist auch, dass gerade bei den Drogenkämpfen verschiedene Banden in Edinburgh unterwegs sind und auch Darryl Christie aus dem Gefängnis heraus, seinen Konkurrenten bekämpfen will, was nicht so einfach ist. Bedroht werden aber auch die Wärter, insbesondere Officer Chris Novak und seine Familie. Doch er will sich nicht unterkriegen lassen, obwohl er neben anderen auch zu den Verdächtigen gehört, da er zur Zeit des Mordes an Simpson Dienst hatte. Doch warum wurde dieser überhaupt ermordet? Auch Siobhan Clarke und ihr neuer Vorgesetzter, DI Jason Mulgrew, beginnen mit ihren Ermittlungen und klar ist auch, dass Rebus‘ Recherchen für ihn nicht ungefährlich sind. Parallel zum Fall Simpson geht es weiterhin für die Ermittler, hier sind Siobhan Clarke und Christine Esson aktiv, um einen Vermisstenfall. Die vierzehnjährige, eigentlich sehr unscheinbare Jasmine Andrews ist verschwunden und weder die Eltern, noch die Mitschülerinnen und Freundinnen haben eine Ahnung, was geschehen sein könnte. Allerdings wurde bemerkt, dass sie in letzter Zeit über erstaunlich viel Geld verfügte. Erst ein Hinweis und der Versuch einer Erpressung weist Siobhan Clarke auf Pornoseiten im Internet. Als dann noch der Betreiber der Pornowebsite, Zak Campell, einstiger Fußballstar, ermordet aufgefunden wird, steigt die Sorge um die vermisste Jasmine, deren Stimme die Ermittler auf der Pornoseite gehört haben. Was hat sie vielleicht gesehen? Und dann stellt sich noch heraus, dass der Freund von Zak, Marcus, der Sohn von Jackie Simpson ist.
Wie dieser Vermisstenfall um einige Ecken mit dem Mord im Gefängnis zu tun hat, liest sich äußerst spannend. Geschickt wechselt Ian Rankin zwischen der speziellen Innenwelt im Knast und ihren ganz eigenen Regeln und der Außenwelt, in der sogar die Ermittler untereinander sich in ihrer Arbeit behindern und wie im Fall Malcolm Fox mit unsauberen Mitteln andere beeinflussen. Wie manipulativ Fox sein kann, hatte Siobhan Clarke bereits am eigenen Leib erfahren.
Am Ende jedoch überrascht die Auflösung beider Fälle und spricht eindeutig für Ian Rankins Kunst bekannte, sympathische und neue, ambivalente Figuren in immer neuen, unerwarteten Wendungen in einer spannenden Handlung zusammenzuführen.
Sehr empfehlenswert!