Milena Moser: Hinter diesen blauen Bergen, Deutscher Taschenbuch Verlag, München 2019, 256 Seiten, €10,95, 9783423217798

„Was wird heute von mir verlangt? Kann ich es leisten? Kann ich die Erwartungen, die an mich gestellt werden, erfüllen? Dieses Gefühl, das so sehr zu meinem täglichen Leben gehörte, dass ich es viel zu lang nicht hinterfragte, dieses Gefühl ist verschwunden. Wenn ich heutzutage morgens aufwache, weiß ich, wo ich bin. Und wer ich bin. Es ist ein ganz einfaches, vielleicht ein bisschen langweiliges Leben, das ich hier führe. Aber das ist genau, was ich mir gewünscht habe. Langeweile haben, viel Zeit.“

Milena Moser entschließt sich 2014, als ihr jüngster Sohn die Matura geschafft hat und nach zwei Scheidungen, in ihr vor einem Jahre gekauften Haus von Aarau nach Santa Fe, in die Hochwüste New Mexicos zu ziehen. Ein kleines überschaubares Häuschen, dass man nicht pausenlos putzen muss, hatte sie sich, versteckt hinter einer Galerie gekauft. Ein Stück Freiheit für eine Schriftstellerin, die bekannt, aber doch schon über fünfzig ist.

„Die Begrenzung im Äußeren sollte mehr Platz im Inneren schaffen.“

Wie sie aber doch mit ihrem Entschluss hadert, sich durchringt zu packen, mit Behörden kämpfen muss und sich manchmal als Schweizerin outet, davon erzählt die Autorin ohne Larmoyanz und sehr unterhaltsam. Immerhin hat sie bereits acht Jahre in San Francisco gelebt und somit ist ihr vieles in der amerikanischen Gesellschaft vertraut. Einen großen Raum nimmt ihre Freundschaft und sanfte Liebe zu dem mexikanischen Künstler Victor ein, dessen Anwesenheit sicher auch den Ausschlag gegeben hat, die Schweiz zu verlassen.
Allerdings wird im Laufe der Zeit deutlich, dass Milena Moser sich nicht wieder an einen Mann fürs Leben binden will und die lockere und doch zeitweise intensive, wie anstrengende Beziehung genießt. Viktor ist ziemlich krank und muss in der Nähe eines Krankenhauses leben, das akzeptiert die Autorin. Erschreckend für den Leser ist nach wie vor, wie die Autorin eine Szene in der Notaufnahme des Krankenhauses schildert. Da ihr Freund in einer einfachen, schmuddeligen Hose, er war gerade beim Arbeiten, eingeliefert wurde, nahm das Personal sofort an, er sei ein Obdachloser. Beobachtungen wie Menschen aufgrund ihres Aussehens diskriminiert werden, häufen sich in Mosers Berichten vom Leben im neuen Land. Auch die Beschreibungen ihrer neuen Wohngegend beleuchten Lebensverhältnisse, die in unseren Breiten nicht so üblich sind.
Mag sie das Gefühl „fremd zu sein“ gerade in der Konfrontation mit sturen amerikanischen Beamten erlebt haben, so gehört sie doch immer noch zu Privilegierten.
Die Reise zu sich selbst ist sicher nicht immer die einfachste, aber Milena Moser scheint ihren Frieden gefunden zu haben. Mit entsprechender finanzieller Abfederung kann sie sich ihren Alltag mit Yogaübungen und Ausritten so gestalten, wie sie es möchte. Milena Moser folgt ihren eigenen Sehnsüchten und stellt sich den Neuem. Beneidenswert!

Leider muss angemerkt werden, es gibt extrem viele Druckfehler in dieser Ausgabe bis hin zu fehlenden Wörtern.