Eva Rossmann: Alles Gute, Ein Mira-Valensky – Krimi, Folio Verlag, Wien 2024, 302 Seiten, €22,00, 978-3-85256-9093-1

„Ich stehe vor unserer Aufstellung. Die Timeline: zuerst die Talkshow, dann Hasspostings, unter anderem von Angerer alias Niwrad und Prokop. Mit einiger Verzögerung dann der Shitstorm und die anonymen Briefe und Anrufe. Und danach, wie um noch eins draufzusetzen, die durchstochenen Polster. Verbindungen, Vermutungen.“

Als die bekannte Journalistin Mira Valensky und ihre mittlerweile gute Freundin Vesna Krajner sich in der Pause eines Konzertes von Vesnas Musikerfreund Hans die Zeit vertreiben, spricht sie ein offensichtlich sehr verwirrter und völlig verängstigter Mann an. Er redet von einer gewissen Lisa, die missbraucht und verkauft werden könnte und äußert seine Bedenken in einer Art, die die Frauen nicht verstehen, bis Mira erkennt, dass dieser Mann, Peter Gruber, von seiner eigenen App – Lisa wünscht Alles Gute – spricht. Sogar Mira hatte diese für einen Euro heruntergeladen. Sie soll die Spaltung in der Gesellschaft aufheben. Mit der naiven Kinderzeichnung seiner fünfjährigen Nichte als Logo ist die App seit ihrer Entwicklung durch die Decke gegangen und hat somit Peter Gruber, der vor kurzer Zeit noch als Geschichtslehrers gearbeitet hat, reich gemacht. Doch was sollen nun diese emotionalen Ausbrüche und die Tatsache, dass er Vesna ein Kuvert in die Hand drückt und sie um Hilfe bittet. Im Kuvert finden die Frauen 10 000 Euro und eine Telefonnummer.
Die Frage steht auch im Raum, warum soll man eine App nutzen, um wieder Kontakt zu Freunden aufzunehmen? Ist die Menschheit nicht mehr in der Lage, eigene Worte zu finden? Und warum lädt eine sechzigjährige Journalistin, die doch mit Sprache umgehen kann, ein Kinderlogo herunter, um die Spaltung der Gesellschaft zu verhindern. Einer der AfD sehr ähnelnden Partei, die USP – Union der Sozialpatrioten – scheint sich, nichts Neues, die Remigration auf die Fahnen geschrieben zu haben. Als Gruber diese Partei in einer Talkshow als Faschisten bezeichnete, begann der Shitstorm gegen die App und vor allem auch persönliche Bedrohungen. Umsonst suchen die Frauen Gruber, der offenbar untergetaucht ist. Aber sie beginnen mit ihren Recherchen und erkunden in einem interessanten Abschnitt dieses Krimis ihre eigene Laxheit beim Umgang mit Apps und Websites, die eindeutig Daten abschöpfen.
Mira und Vesna lernen die alleinerziehende Schwägerin von Gruber, Katharina Föhrenburg, kennen und natürlich die Zeichnerin des Strichmännchens, Lisa. Um diese sorgt sich sogar, von Gruber bezahlt, ein Kreativ-Coach namens Bea Prokop. Ob Lisa nun hochbegabt ist oder einfach nur ein ganz normales Kind bleibt dahingestellt, ihre Mutter hatte sich schon mehr finanzielle Zuwendung erhofft. Klar wird auch, dass der Geschäftsführer Christof Beck und die rechte Hand von Gruber, Alexander Silvestri, nicht unbedingt dagegen sind, die App zu veräußern. Was diejenigen damit dann anstellen, scheint ihnen egal zu sein. Gruber befürchtet Missbrauch und eindeutig auch Datenabzocke, was gegenwärtig nicht geschieht.
Was haben die sozialen Medien den Nutzern nun gebracht? Trolle, die Lügen verbreiten, Menschen, die anderen alles Schlechte wünschen und die Gier nach noch mehr Geld. Dabei hat Gruber auch noch geerbt. Als er seinen Lehrerjob kündigte, stand er schon kurz vorm Rausschmiss, denn sein Lehrstoff bezog sich nur noch auf die Aufklärung der SchülerInnen über die Zeit der Zwischenkriegszeiten im Vergleich zu den heutigen Zuständen. Stehen wir vor einer Abschaffung der Demokratie durch die rechtsradikalen Parteien in Europa? Wird ein zu düsteres Bild gemalt?
Braucht die Menschheit die Aussöhnung und die App zur Vereinigung?

Eva Rossmann hat für ihren Krimi sicher ein aktuelles Thema aufgegriffen. Allerdings fällt sogar ihre lebenserfahrene Mira, die sich auf ihre seriöse, journalistische Arbeit so einiges einbildet, dank ihrer Eitelkeit auf ein Schmierblatt ähnliches Online-Magazin herein, dass sie interviewt hat.
Gruber wird wieder auftauchen und Katharina Föhrenburg wird im Weinkeller des Millionärs erschlagen.
Dramaturgisch stagniert die Krimihandlung im Mittelteil des Romans und schnell versteht man das ehrbare Anliegen der Autorin, gepaart auch mit etwas naivem Glauben an das Gute. Stark sind wie immer die Frauenfiguren und die Kochszenen, die einfach dazu gehören.