Elizabeth George: Wer Zwietracht sät, Aus dem Englischen von Charlotte Breuer, Norbert Möllemann, Norbert Jakober, Goldmann Verlag, München 2025, 752 Seiten, €28,00, 978-3-442-31768-4

„Interessant, dachte Bea. Schon wieder ein Alibi innerhalb der Familie. Bea beschlich das Gefühl, dass die ganze verflixte Bagage irgendetwas mit dem Mord an Michael Lobb zu tun hatte. Sie kam sich allmählich vor wie im Orientexpress.“

Michael Lobb, Zinnwäscher und Gestalter von Zinngegenständen, wurde in einem Gebäude seines Hofes in Cornwall im Städtchen Trevellas brutal mit mehreren Stichen ermordet. Er muss sich noch gewehrt haben, denn der Überfall geschah von hinten. Doch wer hatte es auf den Sechsundfünfzigjährigen abgesehen?
Seine Tochter Gloriana spricht seit Jahren nicht mehr mit ihm, da er seine erste Frau Maiden über eine lange Zeit mit der Südafrikanerin Kayla, einer Frau, die dreiundzwanzig Jahre jünger ist als er, betrogen hat. Zwar sind Michael und Kayla jetzt dreizehn Jahre verheiratet, doch der Familienfrieden ist nicht eingekehrt, denn auch Kaylas Familie hält nichts von dieser Ehe. Michaels Sohn Merritt hat sich, als er selbst eine Familie gegründet hat, dem Vater wieder angenähert. Allerdings wird gemutmaßt, dass er das nur getan hat, weil es etwas zu erben geben könnte.
Aus den Tagebuchaufzeichnungen von Michael erfahren die Lesenden, wie er und Kayla sich kennengelernt haben und wie diese eigentlich nur auf aufregenden Sex beruhende Beziehung ihren Lauf nahm. Völlig gefangen von der Jugend und Schönheit Kaylas wirft der fast immer egoistisch handelnde Michael alles Vergangene über Bord.

„Im Vergleich zu meiner leidenschaftlichen Liebe zu Kayla bedeutete meine Familie mir nichts. Meine Frau und meine Kinder hätten aufhören zu existieren, es hätte mir nichts ausgemacht, solange ich Kayla hatte.“

Die Ermittlungen führt DI Beatrice Hannaford, die von ihren privaten Sorgen allzu sehr abgelenkt wird. Von Quartier der Polizei in Bodmin beginnen die Recherchen und die Suche nach dem Tatwerkzeug, einem dolchartigen Gegenstand. Klar wird auch, dass der Vertreter der Firma Cornwall EcoMining, Geoffrey Henshaw, seit einiger Zeit versucht, Grundstücke für die Gewinnung und Verarbeitung von Lithium aufzukaufen. Michael Lobb allerdings reagierte auf das Angebot eher ablehnend, seine Frau Kayla jedoch würde gern ihr Leben verändern, zumal sie finanziell nicht gerade gut aufgestellt sind. Auch Michaels Bruder Sebastian, dem der Vater vierzig Prozent des Landes vererbt hatte, wäre mit einem Verkauf einverstanden. Sollte Michael verkaufen, bliebe natürlich auch die Frage, was dann mit seinen Mitarbeitern Bran und Goron Udy geschehen würde. Der schnell aufbrausende Bran ist der Vater von Goron. Beide leben mit der an Krebs erkrankten Mutter in einem Wohnwagen. Im Zuge der Ermittlungen wird Goron verhaftet, denn die Polizei fand ein Nacktfoto von Kayla in seinen Sachen und bemerkte, dass er ihr total ergeben ist.
Wie es der Zufall will, ist Goron der Bruder der Londoner Tierärztin Dr. Daidre Trahair, die nicht fassen kann, dass der einfach gestrickte Junge diese Tat begangen haben soll. Sie bittet DS Barbara Havers um Hilfe. Und wo DS Barbara Havers beginnt zu ermitteln, ist DI Thomas Linley nicht weit. Zumal dieser zu seinem Anwesen in Howenstow in Cornwall reisen muss, um sich trotz Finanzengpass um das langsam verfallende Dach zu kümmern. Da Havers aufgrund des Todes ihrer Mutter Zwangsurlaub verordnet bekommt, lädt er sie aufs Land ein. Und Havers nutzt Zeit und Ort, um sich in den Fall einzuarbeiten. Seltsam erscheint, dass es nicht nur ein Testament von Michael Lobb gibt und wichtig für die Ermittlungen ist letztendlich das Auffinden seines Tagebuchs.
Auf den insgesamt 752 Seiten führt Elizabeth George die Lesenden im Detail in alle Lebensumstände der zahlreichen handelnden Figuren ein. Es geht bei der Altmeisterin des Krimis um alles: Familientragödien, Betrug, Vertrauen, Vernachlässigungen, Missbrauch, Trauer, das Zerbrechen von Freundschaften, Manipulationen, Lügen und natürlich ums liebe Geld.
Wie sie jedoch ihre Lieblingsdarsteller Linley und Havers in die Handlung einbaut, wirkt etwas zu konstruiert.
Passende Lektüre für kalte und verregnete Herbsttage!