Nicci French: Eisiger Dienstag, Aus dem Englischen von Birgit Moosmüller, C.Bertelsmann Verlag, München 2013, Paperback, Klappenbroschur, 528 Seiten, €14,99, 978-3-570-10083-7
“ Er hatte sich offenbar darauf spezialisiert, sich im Leben verwundbarer Menschen einzunisten“, erklärte Frieda,…“
Das bekommt man sicher nicht alle Tage zu sehen, eine nicht lang aus der Psychiatrie entlassene Frau, Michelle Doyce, kümmert sich liebevoll um eine strangulierte Leiche, die sich bereits im Verwesungsstadium befindet. Sie putzt ihr die Zähne und sorgt für ihr Wohlergehen.
Kalt ist dieser Februar und distanziert wie immer widmet sich auch Dr. Frieda Klein, die Heldin dieser Krimireihe, ihrem Therapeutenalltag. Kennenlernen konnte man die alleinstehende, ziemlich komplizierte Frau, die schnurgerade auf die vierzig zugeht, bereits im Roman „Blauer Montag“. Mit einem Paukenschlag endete der erste Teil. Der Psychopath Dean Reeve hatte seinen Selbstmord vorgetäuscht, indem er an seiner Stelle seinen eineiigen Zwillingsbruder Adam erhängte und an seiner Stelle weiterlebte. Nun ist ein Jahr vergangen, Reeves hat seine Frau, also Adams Frau verlassen und ist untergetaucht. Als Frieda Klein davon hört, stellen sich erste Zweifel ein. Auch im Fall Michelle Doyce zweifelt Frieda, sie wurde von Detektive Karlsson als Sachverständige hinzugezogen, an der Schuld der kranken Frau. Michelle Doyce sammelt alles für sie interessante, was sie am Flussufer findet und schmückt damit ihre Wohnung. Die Leiche von Robert Poole passte in ihr Beuteschema. Frieda Klein soll nicht ermitteln, gelangt aber durch ihre Hartnäckigkeit, Kombinationsgabe und Menschenkenntnis schneller zu Ergebnissen als die Polizei. So findet sie heraus, dass der Tote auf verblüffende Weise Ähnlichkeiten mit ihr selbst aufweist. Auch sie hört Menschen, die Probleme haben gut zu und vermag es auf sie einzugehen. Pooles Masche als Betrüger und Dieb zielte auf wohlhabende Menschen, die in bestimmter Weise einsam waren. So nahm Poole eine alte Frau, die in einem großen Haus wohnt, schamlos aus. Er spielte ihr vor, dass er sich um die Reparatur ihres lecken Daches kümmere und nebenher nahm er noch die Rolle der abwesenden Söhne ein, und versuchte sich ins Testament der alten Frau zu schummeln. Poole begann ein Verhältnis mit einer verheirateten Frau, hörte auch ihr und ihren ehelichen Sorgen zu und spielt ihr vor, dass er zusammen mit ihr ein Geschäft aufmachen könnte. Das nötige Kleingeld ließ er sich schon mal auszahlen.
Opfer Pooles wurde auch eine Fernsehmoderatorin, die ihre besten Zeiten bereits hinter sich hatte. Geschickt und skrupellos benutzte Poole andere Menschen, um sich zu bereichern. Als er jedoch gefunden wird, ist all sein angehäuftes Geld plötzlich vom Konto verschwunden. Und Poole fehlt ein Stück Finger. Wurde er gefoltert, war es ein Unfall?
Detektive Karlsson möchte Frieda Klein, auch wenn seine Kollegen davon nicht angetan sind, als freie Mitarbeiterin ins Team holen. Neben all den Geschichten um den Mordfall Poole, umkreisen die beiden englischen Autoren Nicci Gerrard und Sean French auch Friedas Privatleben. Da ist ihre Nicht Cloe, die sich mit typischen Pupertätsproblemen, aber auch echten Konflikten mit ihrer chaotischen Mutter Olivia, Friedas Schwägerin, herumschlägt. Und ein attraktiver Finanzberater beginnt sich für die spröde Frieda zu interessieren.
Immer wieder spukt Dean Reeve, von dessen makaberem Spiel Frieda überzeugt ist, durch ihre Gedanken. Sie fühlt sich geradezu von ihm verfolgt und muss ihrem Stalker sogar am Ende des 2. Teils ihr Leben verdanken. Möglicherweise. Ihre Angreiferin, Beth Kersey, eine ebenfalls psychisch instabile, wenn nicht sogar schizophrene junge Frau, auch ein Opfer Pooles, kann fliehen.
Acht Romane sind für diese Krimireihe mit der so interessanten, wie widersprüchlichen Frieda Klein geplant. Führen die Autoren zwar den entscheidenden Fall einem Ende entgegen, so bleiben doch viele Fragen offen und machen neugierig auf den nächsten Band.
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