Ann Rosman: Die Tote auf dem Opferstein, Aus dem Schwedischen von Katrin Frey, Rütten & Loening Verlag, Berlin 2012, 448 Seiten, €19,99, 978-3-352-00825-2

„Diese Tore führen in eine andere Welt und manchmal in die Vergangenheit, die Rituale konnten jedoch auch dazu verwendet werden, jemanden von den Lebenden in die Gemeinschaft der Toten zu schicken.“

Ort der Handlung ist wieder die Insel Marstrand mit ihren schönen Holzhäuser, die in Gelb, Hellblau und Beige leuchten und die pittoreske Schärenlandschaft 30 km nordwestlich von Göteborg. Die schwedische Autorin Ann Rosman lässt ihr Personal aus dem ersten Roman wieder antreten. Da ist die Kriminalkommissarin Karin Adler, die immer noch auf ihrem Schärenboot lebt, ihre sympathischen wie nervigen Kollegen und auch die Menschen, die Karin Adler privat kennt.

Zwei tote, enthauptete Frauen wurden an zwei weit auseinander liegenden Kultstätten gefunden. Die eine auf einem Opferstein, die andere auf einem Richtrad. Und ein Kopf ohne Nase, dem Ort für die Seele nach mittelalterlichem Glauben, taucht im gepflegten Garten von Frau Wilson auf. Dieses Haupt gehört allerdings nicht zu der toten Frau, die in unmittelbarer Nähe gefunden wurde. Und dann ist da noch ein Henkersschwert aus dem Göteborger Stadtmuseum verschwunden. Alle symbolischen Andeutungen weisen auf die mittelalterliche Geschichte der Insellandschaft hin und machen den ermittelnden Polizisten schwer zu schaffen. Die Tote auf dem Opferstein war in ein Rollenspiel involviert, dass die Zeit der Hexenverfolgung imitierte. In ihrer Rolle nannte sie sich Schuld und gehörte zu den Schicksalsgöttinnen.

Parallel erzählt die schwedische Autorin in kursiver Schrift, und diese Geschichte geht auf eine wahre Begebenheit zurück, von einem sechsjährigen, namenlosen Jungen, der von seiner Mutter in einem dunklen Keller wie ein Tier gehalten wird. Asko, so werden seine Pflegeeltern ihn später nennen, kann sich befreien und hat das Glück, dass Menschen ihm glauben und ihm helfen.

Neben den Ermittlungsarbeiten, die sich zuerst auf die Rollenspieler und dann auf den anonymen Organisator konzentrieren, umkreist Ann Rosman das Thema Burn out. Sara, eine Bekannte einer guten Freundin von Karin Adler, kämpft gegen die Krankenversicherung und deren Auflagen nach ihrer Erkrankung. Drei Personen wurden nachdem sie zusammengebrochen war für ihre Stelle eingestellt und nun soll sie wieder schnell in die Arbeitsmühle zurück. In ihrem Perfektionsdrang beginnt Sara vieles und kann es nicht beenden, sie ist mit jeder Aufgabe überfordert und auch Tomas ihr Mann reagiert zuerst mit Unverständnis.

Ann Rosman schreibt gegen das Tabu an, das eine Frau im Vollzeitjob auch noch eine gute Ehefrau und Mutter von zwei kleinen Kindern sein kann. Schnell ahnt der Leser, dass die Lebensgeschichte des gequälten Jungen Asko, der in der Obhut seiner besorgten Pflegeeltern aufwächst, einen Beruf erlernt und eine Familie gründet mit den Morden zu tun haben müsste. Aber eigentlich wäre das zu einfach.
Aber dann führen die Spuren zu seiner Frau Marianne, die ein geistiges Zentrum in Göteborg leitet. Sie vermittelt Seminare, die sich mit esoterischen, überirdischen Phänomenen beschäftigt. Karin Adler stößt immer wieder auf das, was sich unserem realen Verstand verweigert.
Eine dritte Tote taucht im Haus von Asko auf, alle ermordeten Frauen sind Schwestern, Schicksalsgöttinnen.

Ann Rosman hat für ihren Roman vieles frei erfunden, aber sie hat auch eifrig recherchiert. Mit ihrem Segelboot ist sie wie Karin Adler von Insel zu Insel unterwegs, sie stöberte in Archiven und fragte Leuten Löcher in den Bauch.
In diesem zweiten Kriminalfall von Karin Adler überhäuft sie ihre Handlung nicht so maßlos mit zahlreichen Figuren und verzwickten Hintergrundgeschichten, sondern bleibt sehr konzentriert bei einem Fall.

Dabei darf sich Karin Adler wieder verlieben und das normale Leben bleibt auch nicht außen vor, was diesen Roman, neben der Kriminalstory,\r\nso lesenswert macht.