Camilla Grebe, Asa Träff: Die Therapeutin, Aus dem Schwedischen von Christel Hildebrandt, btb, München 2011, 429 Seiten, €9,90, 978-3-442-74183-0

„ Nichts in meinem Leben ist mehr privat. Und alle, die mich umgeben: potentielle Lügner.“

Siri Bergman lebt allein in einem Haus am Meer. Seit ihr Mann Stefan vor fast einem Jahr beim Tauchen ums Leben gekommen ist, raten ihr Freunde und Kollegen in die Stadt, nach Stockholm zu ziehen. Aber Siri liebt die Einsamkeit. Als kognitive Verhaltenstherapeutin betreibt sie eine kleine Praxis mit ihrer Freundin Aina und Sven, einem älteren Kollegen. Siris Gemütszustand jedoch ist äußerst labil, zum einen quälen sie die Erinnerungen an ihren Mann und die Konflikte, die sie nicht bewältigen konnten, zum anderen fürchtet sie sich im Dunkeln seit einem traumatischen Erlebnis in ihrer Kindheit.
Um ihre Probleme in den Griff zu bekommen, trinkt sie viel zu viel Wein. Ohne es wirklich belegen zu können, ahnt Siri, dass sie beobachtet wird. Nach außen hin jedoch signalisiert sie Stärke, sie arbeitet und berät ihre Patienten, wie sie mit ihren Ängsten fertig werden könnten. Dabei sucht sie nicht nach den Ursachen, sondern versucht durch die Konfrontation mit der Angst diese zu minimieren. Als Sara, eine 25-jährige Patientin von Siri, tot in der Nähe ihres Grundstücks gefunden wird, ahnt die Polizei relativ schnell, dass die Tat in Zusammenhang mit Siris Arbeit zu sehen ist. Ein plumper Abschiedsbrief von Sara soll beweisen, dass sie Selbstmord begangen hat, weil Siris Therapie ihr die Augen geöffnet habe. Schnell jedoch wird klar, dass das junge Mädchen ermordet wurde.
Wäre Siri nicht so mit ihren eigenen Problemen belastet, hätte sie die Anzeichen des langsamen Psychoterrors bemerkt. Mehr und mehr werden Siris Patienten zum Spielball für den Mörder.\nPeter Carlsson, ein Patient, gerät in die Fänge der Polizei, denn der Mörder hat ihn geschickt in die Schusslinie gebracht. Siri kehrt in ihr Haus zurück und der wahre Täter steht am Weihnachtsabend vor ihr.
Jede Figur in Siris Umgebung könnte hinter dem Komplott gegen die Therapeutin stecken. Das schwedische Autorinnenduo lockt in seinem Debüt den Leser immer wieder auf falsche Fährten, die jedoch zu simpel angelegt sind, als das man glauben könnte, sie wären die richtigen. Seit Beginn der Handlung jedoch weiß der Leser mehr als die Hauptfigur und somit baut sich von der ersten Seite ein Spannungsgefüge auf, dem sich niemand entziehen kann. Vielschichtig sind die einzelnen Figuren, die um Siri herum agieren. Aus Siris Sicht betrachtet der Leser die Menschen, von denen sich die Psychologin ein Bild macht und dieses vielleicht gar nicht zutrifft.\n\nIm Wechsel von Therapiesitzungen, der Ich-Perspektive der Hauptfigur und in kursiver Schrift kenntlich gemacht, die verschlüsselten Ansichten von Siris Verfolger, baut sich der Krimi auf, der trotz einiger Ungenauigkeiten ( Warum sucht die Polizei nicht Saras älteren Freund, mit dem sie vor dem Mord zusammen war? Warum denkt Siri nicht über eine junge Patientin nach, die wirklich Selbstmord nach ihrer Therapie begangen hat?) sehr lesenswert ist.