Cilla & Rolf Börjlind: Die Springflut, Aus dem Schwedischen von Paul Berf, btb Verlag, München 2013, 592 Seiten, €19,99, 978-3-442-75393-2
„Sie war in keiner offiziellen Ermittlung beteiligt. Niemand konnte ihr den Fall abnehmen. Sicher, man konnte ihr drohen und ihren Kater in einem Motorraum umbringen. Aber nicht mehr.“
Zwei sehr unterschiedliche Menschen lösen gemeinsam einen Fall. Für die junge Polizeianwärterin Olivia Rönning ist der grausame Mord an einer schwangeren Unbekannten vor fast 24 Jahren auf Nordkoster eine freiwillige Arbeit über ungelöste Fälle innerhalb der Ausbildung. Olivia sucht sich gerade diesen Mord aus, weil ihr Vater, ebenfalls Polizist, an den Ermittlungen einst beteiligt war. Jetzt ist er gestorben und sie weiß, sie hat sich vor dem Abschied vom Vater gedrückt.
Auch Tom Stilton, einst ein erfolgreicher Kriminalkommissar, konnte keine Ergebnisse vorlegen. Seit sechs Jahren ermittelt er nicht mehr, verfiel einer Psychose, zerstörte dadurch sein berufliches und privates Umfeld und lebt nun als Obdachloser unter Pennern.
Brutal war diese Hinrichtung diese jungen Frau, die offenbar aus Südamerika stammte. Eingegraben ertrank sie in der Springflut. Ihr Kind hatte damals überlebt, aber das weiß nur Tom Stilton.
Olivia beginnt sich in der Geschichte zu verbeißen. Sie sucht den Tatort auf, spricht mit einem Zeugen, der als Kind etwas beobachten konnte und findet auch den abgetauchten Tom Stilton, der sie eher abwimmeln möchte.
Doch Stilton wird in ein gegenwärtiges Verbrechen hineingezogen. Er hat eine Nacht mit Vera Larsson, ebenfalls eine Frau am Rand der Gesellschaft, verbracht. Beide wurden beim Beischlaf gefilmt und als Stilton den Wohnwagen Veras verlässt, wird sie von zwei Typen erschlagen. Stilton weiß, er kann nicht ruhig zusehen, wie die Polizei Misshandlungen und Morde an Obdachlosen nicht ernst nimmt.
Geschickt verbinden die beiden schwedischen Autoren verschiedene Fälle, involvieren Menschen, die seltsam anmuten und trotzdem Polizeiarbeit übernehmen und lassen den Leser, trotz Längen, fragen, wer war es?
Immer wieder aus unterschiedlichen Perspektiven schaut der Leser in verschiedene Gesellschaftschichten. Auch der schwerreiche und in die Kritik geratene Vorstandsvorsitzende Bertil Magnuson scheint in den Mord im Jahre 1987 verwickelt zu sein. Warum wird der von seinem ehemaligen Partner Nils Wendt nach so vielen Jahren erpresst?
Als Nils Wendt ermordet aufgefunden wird, beginnt die Auseinandersetzung mit dem alten Fall. Ob Engagement oder Desinteresse, die Polizei muss wieder aktiv werden.
Die beiden schwedischen Autoren, die als Drehbuchautoren erfolgreich sind, benötigen allerdings viele Seiten, um den Leser endlich in Spannung zu versetzten. Von Schweden bis Costa Rica – zu weit muss ausgeholt werden, um zu den Hintergründen der Mordfälle, einen in der Vergangenheit, zwei in der Gegenwart zu gelangen. Menschen ermitteln, die gar nicht dazu befugt, jedoch befähigt sind. Also muss noch eine Kriminalkommissarin hinzukommen, die sich mit viel Feingefühl Stilton und Rönnig zuwendet.
Die Autoren unterliegen der Versuchung, bei ihren Fällen auszuufern, zu viel zwischen zwei Buchdeckeln loszuwerden. Das merkt man dem Krimi leider an, zumal vieles sich wiederholt und im Kreis dreht. Schreibt man Drehbücher auf den Punkt, mit genauen Dialogen, so kann man natürlich im Roman vieles ausführlicher schildern.
Nur muss man auch dem Leser zugestehen, dass er vieles auch zwischen den Zeilen lesen könnte.
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