Emily Giffin: Das Herz der Dinge, Aus dem Amerikanischen von Stefanie Fahrner, Diana Verlag, München 2012, 446 Seiten, €14,99, 978-3453-29130-0

„Die Kräfteverhältnisse zwischen uns waren im Umbruch, ich war auf dem besten Weg, mich in eine emotional bedürftige, nach Anerkennung suchende Ehefrau zu verwandeln, in jemanden, der mir völlig fremd war, in jemanden, vor dem meine Mutter mich gewarnt hatte.“

Die amerikanische Autorin Emily Giffin entführt die Leserin, Männer werden kaum zu diesem altrosafarbenen Cover mit dem in goldenen Buchstaben eingefassten Titel greifen, in das Milieu der Bostoner gut betuchten Mittelschicht.

Tessa Russo, Ehefrau eines plastischen Chirurgen, Englischdozentin und Mutter zweier Kleinkinder, breitet ihren Seelenkummer als Ich – Erzählerin aus. Sie gibt ihren Beruf auf, um ganz für die Familie dazusein. Ihr Mann hat damit kein Problem, ihre Mutter, geschieden, kann diese Entscheidung nicht im geringsten verstehen.

Tessa hat einen Babysitter, einen gut verdienenden Mann und Freundinnen, die ebenfalls trotz guter Ausbildung in der Rolle der perfekte „Mammi“ aufgehen. Eine Freundin, kinderlos, arbeitet beim Fernsehen und giert nach Geschichte aus dem harmonischen Ehe- und Familienleben.

Valerie Anderson dagegen ist alleinstehend, arbeitet als Anwältin und versorgt ihren sechsjährigen Sohn Charlie. Trotz unguter Gefühle lässt sie ihren Sohn zu einer Pyjamaparty eines Freundes gehen. Die Vorahnung bewahrheitet sich, Charlie erleidet auf dem Geburtstag einen schweren Unfall. Die Gastgeber haben offensichtlich die Kinder an einem offenen Feuer allein gelassen, diese geraten in Streit, raufen und Charlie fällt in die Flammen. Valerie lernt nun den behandelnden Arzt, Dr. Russo, kennen und in ihrer verzweifelten Lage verliebt sie sich in ihn. Auch er scheint Gefühle für sie zu entwickeln, obwohl nicht klar wird, warum er sich von seiner Frau Tessa zurückzieht.

Der Klatsch über Valeries Verhalten den Eltern gegenüber, die sie für schuldig am Unfall ihres Sohnes hält, kann nicht der Auslöser sein.

Die Affäre fliegt auf und Tessa setzt ihren Mann vor die Tür. Er hatte jedoch schon längst für sich entschieden und Valerie ebenfalls, dass sie ihre Beziehung beenden.

Emily Giffins Roman kreist um Beziehungsprobleme, die aus der Handlung heraus nicht nachvollziehbar sind. Alle Kritikpunkte, die Tessas Mann zu seiner Verteidigung anführt, sind scheinheilig und selbstgefällig.

Es ist das alte, verlogene Spiel: Die Frau ist für Kinder und ein gemütliches Heim zuständig, der Mann für die Arbeit und die pünktliche Bezahlung der Rechnungen. Er ist außen vor und das sehr gern, wenn es um interne Entscheidungen und Konflikte mit den Kindern geht.

Wenn er sich unwohl fühlt, warum auch immer, sucht er sich ein neues Abenteuer. Viel zu einfach oder doch nicht?

Kaum auf hohem literarischen Niveau ist Emily Giffins Fast-Food-Handlung in jedem Punkt voraussehbar, denn alles bleibt an der Oberfläche, ob es nun die plakative Charakterisierung der Figuren ist oder deren Gefühlswelt. Die amerikanische Autorin kann oder will nicht hinter Fassaden schauen und ein schonungsloser Blick auf die feinen Trennlinien zwischen den sozialen Schichten liegt ihr gar nicht.

Wer sich aus dem Alltag hinauslesen möchte und mit Pseudoproblemen herumschlagen, kann sich diesen Roman gern zu Gemüte führen.

Nur eins ist klar, vergessen sind die Figuren, in dem Moment, in dem man die letzte Seite schließt.