Ines Thorn: Das Glück am Ende des Ozeans, Wunderlich Verlag, Reinbek bei Hamburg 2015, 432 Seiten, €16,95, 978-3-8052-5056-6

„ In ihrem Herzen war sie unsicherer und ängstlicher, als sie nach außen hin wirkte, doch Susanne hatte beschlossen, ihr Leben von nun an in ihre eigenen Hände zu nehmen, auch wenn das bedeutete, ein wenig anders als die anderen zu sein.“

Drei Frauen sind auf der „Vineta“ 1876 auf dem Weg in die Neue Welt. Die achtzehnjährige Annett, die aus Mühlhausen in Thüringen stammt, wird als Assistentin bei Emily Warren Roebling, die sie bereits in Deutschland kennengelernt hat, arbeiten. Emilys Schwiegervater, John A. Roebling, ebenfalls aus Mühlhausen, ist der legendäre Initiator und Ingenieur der damals heftig umstrittenen East River Bridge. Sein Sohn Washington hat sich bei den Bauarbeiten die Taucherkrankheit zugezogen und sitzt nun im Rollstuhl. Annett ist mathematisch begabt und für diese Zeit als Frau ziemlich selbstsicher.

Sie trifft im lärmenden fast unerträglichen Zwischendeck, da ihre reservierte Kabine doppelt gebucht wurde, Gottwitha. Eine junge Frau, die allerdings in ihrem Denken und als Mitglied der Gemeinde der Amische eng mit Gott verbunden ist und völlig verunsichert sich an Gottes Schrift klammert. Gottwitha soll bei ihrer Ankunft in den USA einen völlig fremden Mann ihres Glaubens heiraten. Und dann ist da noch Susanne. Sie ist die gedemütigte, geprügelte und misshandelte hochschwangere Frau eines Knechtes, der glaubt, in den USA sein Glück zu finden. Als Annett und Gottwitha wiedermal mit ansehen müssen, wie Susanne wie ein Tier gequält wird, packen sie mit an und werfen Susannes Mann über Bord. Sie ahnen nicht, das sie von jemandem dabei beobachtet werden. Kurz nach dem Vorfall verschwinden plötzlich Susannes Papiere.

Ines Thorn verfolgt nun die Lebenswege aller drei Frauen in der neuen Heimat.

Susanne, die als Bäckerin in Deutschland einst gearbeitet hat und von ihrem versoffenen Vater an ihren widerlichen Ehemann verschachert wurde, trifft barmherzige Frauen, die ihren Lebensunterhalt im Bordell verdient haben. Susanne wird ihnen auf dem Weg in den Westen zur Hand gehen, sie bekochen und die Sachen ausbessern. Als ihre Tochter Tuuli geboren wird, kehrt langsam der alte Kampfgeist in die junge Frau zurück. In Madame Joyce findet sie eine wohltätige Helferin.

Gottwitha heiratet den schweigsamen und scheinbar stumpfsinnigen Samuel, dessen Mutter der jungen Frau das Leben extrem schwer macht. Peinlich achten alle darauf, dass die junge Deutsche sittsam und vor allem züchtig ist. Gottwitha fühlt sich als Arbeitssklavin, die sowieso nie dazugehören wird, denn allein die Sprache trennt sie von den anderen.

Annett findet schnell ihren Platz im Haushalt der Roeblings und sie blüht im freien Amerika auf, auch wenn sie als Frau nicht studieren darf.

Drei verschiedene Frauentypen erkämpfen sich ihren Platz im neuen Land. Sie scheitern an den gesellschaftlichen Umständen, sie rappeln sich wieder auf und sie erfahren Solidarität vor allem durch Frauen, die sich selbst um ihr Wohl sorgen müssen.

Die neue Sprache, die alle drei eigentlich lernen müssten, wird innerhalb der Geschichte völlig außen vor gelassen. Das irritiert zu Beginn des Lesen.

Unterhaltsam geschrieben zieht die Autorin Parallelen zwischen der Hoffnung auf ein besseres Leben dieser drei Frauen mit dem Bau und Schicksal der East River Brooklyn Bridge.