Jean-Luc Bannalec: Bretonisches Leuchten – Kommissar Dupins sechster Fall, Kiepenheuer & Witsch Verlag, Köln 2017, 312 Seiten, €14,99, 978-3-462-05056-1

„ Er hatte einfach Pech gehabt. Und Dupin Ferien.“

Georges Dupin und seine Freundin Claire, die nun mittlerweile auch in der Bretagne heimisch wird und als Kardiologin am Krankenhaus unentbehrlich scheint, verbringen gemeinsame Ferien, ebenfalls in der Bretagne, in Trégastel, bekannt für seine rosa Felsen. Vierzehn lange wunderbare Tage am Meer, lang schlafen und ausspannen, für Dupin, den Frühaufsteher, ein Tortur. Das Highlight des Tages sind die exzellenten Gerichte der Hotelküche. Empfohlen wurde das Hotel natürlich von Dupins Assistentin Nolwenn, die der Chef nun vor Langerweile ständig anruft. Allerdings geschehen auch in verträumten Urlaubsorten so einige dubiose Dinge bis hin zum Mord. Dupin jedoch kann sich nicht einmischen, denn diese Gegend gehört nun mal nicht zu seinem Kommissariat. Aber er kann einfach gar nicht anders, zumal der Ermittler vor Ort angeblich unfähig ist. Nach und nach werden ihm zum einen vom Hoteleigner, aber auch der Besitzerin des Kiosks, in dem Dupin seine Zeitungen kauft, Informationen zugetragen. Da wurde im Eifel-Haus eingebrochen, ( Immer wieder streut der Autor interessante Infos einem Reiseführer gleich über den „schönsten Ort Frankreichs“ und die Bretagne allgemein ein und erzählt von Dupin, der sich am liebsten die Selbsttestfragen in der Rubrik „Bist du ein Bretone?“ durchliest. Als aus Paris zugereister arbeitet er wirklich hart an seiner Bretonisierung. ) und eine Skulptur wird aus einer Kirche entwendet. Möglicherweise harmlose Fälle. Auf eine Abgeordnete wird nach einem Aufstand der Bauern ein Anschlag verübt. Ein Mordanschlag oder doch nur eine Drohung, schon interessanter. Ein Gast aus dem Hotel verschwindet nach einem erneuten Streit mit dem um Jahre älteren Gatten, viel interessanter. Und dann plötzlich – eine Tote. Dupin kann einfach nicht den ganzen Tag auf einem Handtuch sitzen und den Fall seinem unfähigen Kollegen überlassen. Hinzu kommt, dass die Zuträger wichtigster Informationen im Ort über beste Kontakte zur hiesigen Polizei verfügen. So ist der Frisör der Onkel von Inés, der Gendarmin. Hotelbesitzer, Kioskbetreiberin und Frisör sind ebenfalls eine eingeschworene Gemeinschaft, alle gingen einst in dieselbe Klasse. Konspirativ füttern sie nun den Ermittler, der ja offiziell im Urlaub ist, mit Fakten, die er eigentlich gar nicht wissen darf.
Und so rücken nach und nach Personen in den Mittelpunkt der immer ausufernden Handlung, die möglicherweise mit den Morden, es folgen noch mehr, zu tun haben könnten. Dupin macht sich so seine Notizen, wird natürlich von seinem polizeilichen Gegenspieler enttarnt und bedroht und muss auch noch entdecken, dass auch seine Freundin Claire sich auf ihrem Handtuch am Meer nicht nur ausruht. Aber Dupin bleibt der gewiefte Taktiker, lässt sich nichts anmerken und streckt seine Fühler sogar nach Paris aus.
Am Abend finden sich die harmlosen Urlauber zu gutem Wein und wunderbarem Essen. Dupin ist längst nicht mehr so mürrisch und Claire freundet sich mit den kleinen Fluchten ihres Lebenspartners an.

Und so klärt der fremde Commissaire im Urlaubsort nicht nur einen raffiniert eingefädelten Mord und gleich noch einen Mord dazu auf, sondern auch eine Urkundenfälschung, einen Betrug, eine Erpressung und einen harmlosen Diebstahl. Stolze Leistung, für die er nicht mal die Lorbeeren einheimst.

Erstaunlich leicht lesen sich die Fälle des Georges Dupin, vielleicht auch weil es gerade in diesem Roman so menschelt. Da nimmt die Gendarmin ein Telefonat am frühen Nachmittag entgegen, weil bei einer hochbetagten Frau wiedermal eingebrochen wurde. Aber sie weiß, dass das nicht der Fall ist. Sie besucht die einsame Frau, verbringt Zeit mit ihr und isst auch noch zu Abend. Und wie berührend – nicht nur sie, auch der angeblich so unfähige Kollege geht auf dieses Spiel der alten Dame ein. Besonders komisch sind die Passagen, in denen Dupin mit wichtigen Details vertraut gemacht wird und jeder rund um das Hotel immer weiß, wie der Tagesplan des Ermittlers, der ja nun wirklich Ferien macht, aussieht. Hinzu kommen die Schilderungen von Land, Leuten und Geschichte des Landstriches, in dem Dupin sich erholt und gleichzeitig arbeitet.

Gelüftet wurde nun, auch wenn es nie richtig bestätigt wurde, wer wirklich hinter dem Autor Jean-Luc Bannalec steckt. Gemunkelt wurde schon immer, es sei jemand aus der Verlagsbranche. Es ist Jörg Bong, der Programmgeschäftsführer des S. Fischer Verlags in Frankfurt am Main.

Der nächste Krimi mit Georges Dupin lässt hoffentlich nicht so lang auf sich warten. Als Strand- oder Ferienlektüre ist dieser 6. Band für Krimifans ein Muss!
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