Petra Reski: Bei aller Liebe, Serena Vitales dritter Fall, Hoffmann und Campe Verlag, Hamburg 2017, 317 Seiten, €20,00, 978-3-455-00157-0
„Natürlich hatte er mitgekriegt, dass sie sich in diese Geschichte mit den Kindern im Container und den Flüchtlingsheimen verbissen hatte, genau das war seine Hoffnung gewesen: dass sie damit ausgelastet wäre – und ihm nicht auf die Nerven fallen würde mit Borcone und dem deutschen Staatsanwalt, an den sich kein Mensch mehr erinnerte außer Serena Vitale, dieser Fanatikerin, die noch alle mit sich in den Sumpf ziehen würde.“
Serena Vitales, zierlich, blond, hartnäckig, Anfang 40, befasst sich als Ermittlerin in Palermo mit den Schlepperbanden, die kaum in Italien gefasst, an ihre Länder ausgeliefert werden und munter weitermachen. Wäre es nicht so traurig, könnte man bei diesem Krimi pausenlos schmunzeln, über die ausgeleierten Klischees von faulen italienischen Beamten, deutscher Tüchtigkeit, korrupter Politiker, dem scheinheiligen Klerus in Deutschland und Italien und deutscher Blindheit im Angesicht der Mafia, die sich im Süden des Landes bereits ausbreitet. Allerdings bleibt einem ein mögliches Lachen angesichts der schwachen wenig effektiven rechtlichen Instrumentarien eher im Halse stecken, denn in dem Morast von Mafia, Korruption, Drogenhandel, Mord und Missbrauch sind unschuldige Menschen verwickelt, in diesem Fall die Flüchtlinge. Die Mafia, die sich nun klammheimlich nach Köln und Stuttgart zurückgezogen hat, bezeichnet die Flüchtlinge als „Gottesgeschenk“. Über Schrottimmobilien, die man noch gewinnbringend als Unterkünfte an die Städte und Gemeinden vermieten kann, wäscht die Mafia ihr Geld. Handlanger sind einflussreiche Leute, die im öffentlichen Leben stehen, bis hin zu Politikern, die eben eine Schwäche haben, die die Kriminellen gnadenlos ausnutzen. Etwas Platz ist da im Heimatland für eine neue Gruppierung, die nigerianische Mafia, die devot die Rituale übernimmt.
Einen Mord an einem deutschen Oberstaatsanwalt aus Köln aus dem Abteilung organisierte Kriminalität würde der schmierige Kollege von Serena Vitales am liebsten unter den Tisch fallen lassen. Klappt nicht so ganz, denn Serena kann einfach nicht die Füße still halten. Sie muss herausfinden, was passiert ist. Der Gedanke, dass Gregor Kampmann mal so auf den Transenstrich geht und dort, selber schuld, auch noch umkommt, ist zu einfach. Was hatte ihn nach Palermo geführt? Mit wem wollte er sich treffen?
Petra Reski gewährt dem Leser Einblicke in ganz unterschiedliche Bereiche. Er schaut der Polizeiarbeit zu, er sitzt mit dem Mafiabossen im Gefängnis und in einem schönen Schloss in Deutschland, sie versetzt ihn in die Lage eines Journalisten, der als Freiberufler kaum über die Runden kommt und sie führt ihn in Flüchtlingsheime, in denen die armenische Mafia den Sicherheitsdienst stellt.
Jeder redet über jeden, der Ton ist rau, sarkastisch, abgebrüht und offen.
Da verstecken sich die Deutschen hinter Paragraphen, klammern sich an Vorschriften und tun so, als wüssten sie nicht was gespielt wird. Die Italiener verschleppen vieles, hören zwar schneller ab, sind dann aber nicht in der Lage konsequent zu verfolgen.
Wäre da nicht der Lichtblick Serena, ihre Erfahrungen und ihr Instinkt helfen bei der Lösung der kriminellen Machenschaften, zumindest zum Teil.
Intelligent, gnadenlos und vor allem bitterböse öffnet die Autorin, die jetzt in Venedig lebt, dem Leser in ihrem fiktiven Krimi die Augen für Tatsachen, die ab und zu auch in der Presse, die man noch lesen sollte, kritisch reflektiert werden.
Ein Lesevergnügen mit bitterem Nachgeschmack!
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