Susann Opel-Götz: Außerirdisch ist woanders, Oetinger Verlag, Hamburg 2012, 316 Seiten, €13,95, 978-3-7891-4437-0
„Ein Außerirdischer, der Fingernägel kaute und seine Schulsachen in Ordnung hielt, war nicht gerade der Gipfel meiner Träume gewesen, um mal ganz ehrlich zu sein.“
Jonathan, aber alle nennen ihn Jona, ist der Ich-Erzähler dieser ungewöhnlichen Geschichte über eine enge Freundschaft. Seit er klein ist, nervt er alle in der Familie mit seiner Leidenschaft für das Universum. Für ihn ist es keine Frage, es gibt außerirdisches Leben und ab und zu tauchen die Alien, verdeckt natürlich, auf der Erde auf und studieren die reale Wirklichkeit der Erdlinge. Bei seiner Suche nach verdeckt agierenden Außerirdischen bringt sich Jona regelmäßig in unangenehme Situationen, aber als Henri plötzlich als Neuer in der dritten Klasse steht, ist er endlich fündig geworden. Henri, der jetzt Jonas Banknachbar ist, bestätigt sogar, dass er ein A.L.F. ist.
Henri ist ziemlich maulfaul, grottenschlecht in Rechtschreibung und irgendwie völlig verblüfft, dass Jona sein Freund sein will. Alles was Henri wohl durchdacht von sich gibt, zeigt Jona, sein neuer Freund befindet sich auf einer experimentellen Mission. Natürlich war er noch nie im Zoo, am Meer oder im Zirkus. Er feiert nicht seinen Geburtstag, sein Vater ist ebenfalls undercover und natürlich sind sie mal hier mal dort als intergalaktische Nomaden unterwegs. Da Henri wenig sagt, übernimmt Jona das Reden und seine Fantasie geht regelmäßig mit ihm durch. Mit großem Interesse betrachtet Henri das Haus, in dem Jona mit seiner Familie, die Eltern sind Steuerberater, gediegener Mittelstand, wohnt. Er findet im Gegensatz zu Jona, der ein sogenanntes Sandwich-Kind ist, die ältere Schwester in ihrer „Motzphase“ und den jüngeren Bruder in seiner „Rotzphase“ total interessant. Und Henri ist immer neugierig darauf, was die Studentin Carla für die Kinder an wundersamem Öko-Futter so kocht. Jona bringt Henri sehr gern die Reste mit, die er jedes Mal verschlingt. An Carla schreibt Henri dann kurze, liebe Dankesbriefchen mit tausend orthographischen Fehlern.
Jona ist sich sicher, Henri ist ein Alien und er ist auserkoren ihm dabei zu helfen, seinem Meister einen Bericht über das Erdlingsleben zu verfassen.
Längst bemerkt der Leser, dass Henri kaum von einem anderen Planeten stammt, sondern in ärmlichen, um nicht zu sagen asozialen Verhältnissen lebt. Nie lädt der Junge seinen Freund zu sich ein. Anrüchig ist die Gegend, in der er wohnt und Jonas Mutter hat ein Verbot nach dem anderen ausgesprochen, dass Jona nicht dorthin geht. Und Henri scheut vor Alkohol zurück. Als Henri und seine Mutter, sie putzt bei Leuten, die behaupten, sie hätte gestohlen, in Schwierigkeiten geraten, will Jona helfen und steht in der extrem kleinen Wohnung seines Freundes, riecht die Alkoholfahne der Mutter und er erkennt langsam, was eigentlich los ist. Henri lebt wirklich in einer völlig anderen Welt als er.
Susann Opel-Götzs warmherzige, wie berührende Freundschaftsgeschichte zwischen zwei Jungen von verschiedenen Planeten liest sich bei aller Tragik wunderbar leicht. Jona sprüht nur so über vor Einfällen, wenn es um die TABUs oder Mysterien des Erdenlebens und einen kritischen Blick auf die korrekte Erziehung seiner Eltern geht. Geduldig wartet er in seiner liebenswert naiven Art auf Henris Offenbarungen über die Weiten und Geheimnisses des Universums. In seinem Geheim-Kino im Kopf spulen sich schon die aufregendsten Filme über die Außerirdischen und ihre Mission ab. Jona liebt die Kalendersprüche seines alten Nachbarn, der sich auch um Henri und seine schulischen Probleme kümmern wird. Jona ist ein großzügiger und vor allem ein treuer Freund, der sich nicht auf die Seite derjenigen schlägt, die mit ihrer fiesen Stimme das Sagen in der Schule haben und sozial benachteiligte Kinder sehr gern mobben. Jona käme nie auf die Idee jemanden nach seiner sozialen Herkunft zu beurteilen, die anderen leider schon.
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