Andreas Winkelmann: Ihr werdet sie nicht finden, Rowohlt Taschenbuch Verlag, Hamburg 2025, 380 Seiten, €14,00, 978-3-499-01331-7

„Ein wenig hing Jonas noch an einem Gedanken, aber er wusste, er würde nicht abhauen. Jetzt nicht mehr, wenn die Chance bestand, zu erfahren, was damals wirklich geschehen war – und sei sie auch nur minimal. Denn mit der Frage im Hinterkopf, ob er es hätte herausfinden können, würde er selbst in der abgelegensten Gegend dieser Welt keinen Frieden finden.“

Vor sieben Jahren verschwand Isabell, die Tochter des Polizeibeamten Jonas Waider, nach einer Party. Zwar wurde ihr Rucksack gefunden, aber nie ihre Leiche. Nach längerer Suche schwanden alle Hoffnungen. In seiner Verzweiflung tötet der Polizist den Mann, den er für den Mörder hält und von dem er glaubt, er wollte sich an ihm rächen. Gut sechs Jahre geht er ins Gefängnis. Jonas Waider hatte das Opfer Bernd Vollstedt angezeigt, weil er der Meinung war, dass dieser seine eigene Tochter Silvia sehr schlecht behandelt. Auch Silvias Mutter, Gerlinde, zeigt wenig Feingefühl, wenn es um ihr Kind geht. Und in der Schule wird Silvia gemobbt und als „Geistersilvi“ betitelt. Fakt jedoch ist, dass Silvia am Asberger Syndrom leidet, was alle ignorieren.
Zeitlich versetzt erzählt Andreas Winkelmann nun von den Geschehnissen vor sieben Jahren und der gegenwärtigen Suche nach Silvia und Isabell.
Die Privatdetektivin Franca Lichtenwalder erhält von der Bankiersfrau Dr. Frieling den Auftrag, nach Silvia zu suchen. Sie ist die Großmutter der nun zweiundzwanzigjährigen Frau und die Mutter von Gerlinde, zu der sie keinen Kontakt mehr hat. Zwar verfolgte Dr. Frieling Silvias Leben mit Hilfe eines Privatdetektivs, doch dieser hatte sie aus den Augen verloren. Bei ihren Recherchen trifft Franca nun auch auf den entlassenen Polizisten Waider, dessen Tochter Isabell mit Silvia befreundet war. Immer lässt Waider den Abend gedanklich vor seinem inneren Auge passieren und findet doch keinen Ansatz für seine erneute Suche nach der Tochter. Nach einigen Auseinandersetzungen beschließen Franca und Waider, sich gemeinsam auf die Suche zu begeben.
Nachdem sie Silvia, die sich im Haus der wirklich sehr unangenehmen Mutter versteckt hat, gefunden haben, wird deutlich, dass jemand die junge Frau bedroht. Franca schafft es, dass Silvia ihr vertraut. Erneut befragen die beiden Ermittler die ehemaligen Klassenkameraden von Isabell und Silvia, wobei sich langsam ein vollständiges Bild mit allen Beteiligten von diesem Abend herauskristallisiert. Und Waider muss etwas erfahren, was für ihn schwer zu verkraften ist. Berührend liest sich, wie ein Vater unter der tragischen Ungewissheit, was mit seinem Kind geschehen ist, leidet und doch die Energie aufbringt, gemeinsam mit Franca bis zum Ende zu gehen.

Andreas Winkelmann hat einen sprachlich, aber auch dramaturgisch sehr beachtlichen Roman geschrieben. Der Autor schafft es, die Spannung auf fast 400 Seiten nicht nur zu halten, sondern mehr und mehr zu steigern, bis zu einem überraschenden Finale.