Karin Alvtegen: Eine zweite Chance, Aus dem Schwedischen von Verena Reichel, btb, München 2013, 375 Seiten, €19,99, 978-3-442-75337-6
„Während er frühstückte, entschuldigte sich Helena wieder und wieder für den lausigen Stundenlohn, den sie anbieten konnte. Obwohl er versicherte, er würde genügen, fuhr sie fort, und ihm ging durch den Kopf, dass sie kein geschickter Verhandlungspartner war.“
Helena hat sich ihren Traum von kleinen, eigenen Hotel erfüllt. Vor drei Jahren ist sie mit ihrem Ehemann Martin und der zehnjährigen Tochter Emilie von Stockholm nach Norrland gezogen. Aber nichts ist so gelaufen, wie erhofft. Jeden Sommer ist Helena als Kind in diesen Ort gefahren, weit fort von ihrer alkoholkranken Mutter. Durch Martin hat die stille Helena nach ihrer einsamen Kindheit zu sich gefunden. Doch nun hat sich Martin von Helenas Traum verabschiedet und ist mit einer neuen Frau nach Stockholm zurückgegangen. Helena hat einfach nicht verstanden, dass Martin seine eigenen Visionen am neuen Ort nicht finden konnte. Nun ist sie an einem Tiefpunkt angelangt, zumal Emilie mit der Pupertät kämpfend offenbar sehr unglücklich ist. „Die Scheidung forderte eine neue Verwandlung. Sie befand sich in einem öden Übergangsstadium. Diesmal stand sie allein da.“
nNiemand stützt Helena, die mit ihren Geldsorgen und den noch nicht fertigen Hotelzimmern völlig überfordert ist. Außerdem ist sie auf die Beziehung ihrer Tochter zum Vater eifersüchtig, kann einfach nicht loslassen.
Die zweite Hauptfigur ist Anders, der auf die 50 langsam zugeht. Ein rätselhafter Unfall bringt den wohlhabenden Frührentner, der Antiquitäten kauft, in Erklärungsnot. Er hat den Sinn in seinem Leben verloren. Bei all seinen Beziehungen zu Frauen hat er sich immer eine Hintertür offen gelassen, um letztendlich nicht verbindlich werden zu müssen. Bei seiner Suche nach einer kostbaren Gitarre gelangt er in Helenas Hotel.
Beide Protagonisten befinden sich in einer Lebenskrise, sind sich aber auf eine unsichere Weise von Anfang an sympathisch. Anders beginnt sogar, Helena durch ein Missverständnis beim Renovieren ihrer Räume zu helfen. Eine Tätigkeit, die ihm unerwartet die Bodenhaftung wiedergibt.
Im Ort lebt ein kompromissloser Außenseiter. Verner, dem auch die Gitarre gehört, mischt sich, ohne es wirklich zu wollen, in Helenas und Anders Angelegenheiten ein und löst einen Umdenkungsprozess bei beiden aus.
Helena und auch Anders gelangen nach und nach zu Erkenntnissen, die ihre Vorstellungen vom Leben betreffen.
Sie schauen zurück und erkennen, dass sie eine zweite Chance erhalten, wenn sie ihre festgefahrenen Sichtweisen ändern.
Behutsam begleitet die Autorin ihre Hauptfiguren und der Leser nimmt teil, um über eigene Entscheidungen irgendwann im Laufe der Lektüre vielleicht unterbewusst nachzudenken
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