Gudrun Helgadottir: Blaubeeren und Vanilleeis, Aus dem Isländischen von Anika Lüders-Wolff, Cecilie Dressler Verlag, Hamburg 2013, 144 Seiten, €12,00, 978-3-7915-0838-2
„Was angeblich im Haushalt fehlte, interessierte Tumi nun wirklich nicht. Doch er wusste etwas, was Mama unbedingt brauchte: Sie brauchte einen Mann. Einen guten Mann, der sie ins Kino ausführte oder einfach nur mit ihr spazieren ging.“
Wenn die Fußballfreunde des achtjährigen Tumi in die Küche vom Wallhof stürmen, dann weiß seine besorgte siebenjährige Schwester Vildis, dass die Truppe alles ratzekahl leer futtern wird. Dabei hat die Familie zwar viel Platz im Haus mit anschließender Werkstatt, aber nichts zu verschenken. Immerhin verstecken sie Käse und Schinken und lassen nur die selbstgemachte Marmelade als Aufstrich zurück.
Tumis, Vildis und die vierjährige Vala leben bei ihrer Mutter, sie arbeitet als Töpferin auf einem weiten Areal mitten in der idyllischen Natur. Die unberührte Landschaft liegt ihr sehr am Herzen und dafür lässt sie die Kinder auch in der Obhut der Großeltern, um gegen die zerstörerischen Pläne der Regierung zu demonstrieren.
Tumis Vater hat sich eine neue Frau gesucht und lässt sich ab und zu auch mal blicken. Viel Verlass scheint nicht auf ihn zu sein, aber das wird nur am Rande erwähnt. Der Junge jedenfalls möchte gern, dass die Mutter nicht mehr so allein ist, denn all ihre Freunde sind Pärchen. Doch wo findet man einen Mann für die Mutter? Vildis ist über Tumis geplante Verkupplungsaktion nicht sonderlich erfreut.
Der Junge entscheidet sich für Hermann, den neuen Filialleiter der Bank, der zwei ältere Jungen hat und ebenfalls allein lebt. Als Tumis Mutter ihren 30. Geburtstag vorbereitet, lädt Tumi auch gleich Hermann schriftlich ein. Allerdings hat er nur Filialleiter auf den Brief, den er in der Bank deponiert hat, geschrieben und plötzlich taucht auf dem Fest der Mutter ein alter Mann mit seiner Schwester auf.
Pech, das ist der Filialleiter, der bald aus dem Amt scheiden wird und der sich sehr, zur Verwunderung der Mutter, die eigentlich nie so richtig Geld hat, über diese Einladung gefreut hat.
Tumis sinnt pausenlos darüber nach, wie er nun endlich wieder Kontakt zu Hermann aufnehmen könnte. Und eines Tages schaut dieser auch vorbei, um ein Geschenk zu kaufen, aber Tumis Mutter ist nicht da.
Vildis bringt es auf den Punkt, eigentlich sehnt sich Tumi nicht nach Hermann, der so einen tollen Jeep hat, er braucht einen Vater.
Ohne ein obligatorisches Happy End kommt diese warmherzige Geschichte allemal aus, denn Gudrun Helgadottir erzählt zwar von den Sehnsüchten der Kinder, aber sie zeigt auch, wie gut eine Kleinfamilie ohne Vater funktionieren kann, wenn die Kinder Rückhalt und Stabilität bei einem Elternteil finden. Oma und Opa, die als Lehrer arbeiten, stehen der Tochter zur Seite und die Mutter gibt auch ohne großartigen Geldsegen den Kindern, was sie benötigen.
Berührend geschildert ist die enge Geschwisterbeziehung zwischen Vildis und Tumi, diese innige Zuneigung, die Vildis reflektiert und für Tumi ganz selbstverständlich ist.
Tumis Mutter und auch Herrmann suchen das Glück nicht in einer Paarbildung. Das versteht Tumi im Laufe dieser wundervoll leichten und doch realistischen Geschichte.
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