Jay Asher, Carolyn Mackler: Wir beide, irgendwann, Aus dem Amerikanischen von Knut Krüger, cbt, München 2012, 400 Seiten, €17,99, 978-3-570-16151-7

„Doch wenn sie sich heimlich daranmacht, ihre Zukunft zu verändern, dann könnte sie ungewollt auch meine Zukunft beeinflussen. Und mir gefällt mein Zukunft!“

Im Jahr 1996 richtet sich die 16-jährige Emma mit einer CD von AOL ihren E-Mail-Account ein. Die CD hat sie von ihrem langjährigen Freund und Nachbarn Josh erhalten. Aber seit einem guten Jahr gehen sich die beiden auf der Highschool, aber auch privat aus dem Weg, denn Josh hat längst bemerkt, dass Emma für ihn mehr ist als nur eine Nachbarin und Jugendfreundin. Emma ist von Joshs Annährungsversuchen eher überrascht und reagiert abweisend.

Noch ist es die Zeit, in der man nicht parallel telefonieren und im Internet surfen kann, Blog ist ein Fremdwort und was ein iPad ist, weiß auch noch niemand. Alles Zukunftsmusik, und doch gerät Emma, und sie kann es gar nicht fassen auf eine Website, die Facebook heißt und sie liest dort Einträge von einer Emma Nelson Jones, die diese 2011 gepostet hat. Zu diesem Zeitpunkt müsste Emma Anfang 30 sein, wenn es wirklich ihre Seite ist.

Jeweils aus Emmas und Joshs Perspektive entwickelt sich nun die temporeiche Handlung. Emma zieht, auch wenn es sie verunsichert, Josh zu Rate. Ist diese Website ein Fake, ein Witz oder wie kann es sein, dass beide, auch Josh erscheint bei Facebook, offenbar persönliche Informationen, einschließlich Fotos, die sie selbst noch gar nicht entwickelt haben, auf Websites veröffentlicht sind, die sie gar nicht kennen? Und die Infos stimmen. Immer noch ist Emmas Trostessen überbackene Makkaroni. Ärgerlich jedoch ist, dass Emma mit ihrem zukünftigen Ehemann Jordon James Jr. nicht gerade glücklich zu sein scheint.

Seltsam finden Emma und Josh auch, dass sie hunderte von Freunden haben werden und lapidare, alltägliche Infos in die Welt hinausposaunen, z.B. dass Emma sich Strähnchen machen will. Josh ist laut Facebook in 15 Jahren glücklich mit Sidney Mills verheiratet. Sie ist in der Gegenwart auf der Highschool für Josh kaum erreichbar, da ein Jahrgang weiter, ausgesprochen gutaussehend und stinkreich.

Mit ihren jeweiligen Zukunftsszenarien konfrontiert, beginnen die beiden Jugendlichen wieder ins Gespräch zu kommen, sich miteinander auseinanderzusetzen. Da Emma keine Lust auf einen untreuen Mann und sogar vorausgesagte Arbeitslosigkeit hat, sucht sie im Telefonbuch nach ihrem Ehemann. Sie findet heraus, an welches College, wo sonst sollte sie ihn treffen, er geht und schon ist ihre künftig anstehende Collegewahl entschieden.

Interessant sind die konventionellen Denkweisen der Jugendlichen, die durchaus erwarten, dass sie in ihrer Zukunft ein eigenes Haus haben werden, Kinder, einen guten Beruf und passable Aufstiegschancen.

Emma und Josh bemerken, dass sie mit ihrem Handeln in der Gegenwart ihre Zukunft und all die Informationen auf Facebook verändern können. Das verärgert Josh. Aus Neugier nimmt er etwas ungeschickt Kontakt zu Sidney auf. Emma ist sauer auf ihre wankelmütige Zukunft und so wechselt sie immer wieder ihre Ehemänner. Aber auch in der Gegenwart gehen ihre Gefühle für Jungen, mit denen sie zusammen ist, nicht tief. Gerade ist sie dabei, mit Graham Schluss zu machen. Und sie erfährt über Facebook, dass ihre beste Freundin Kellan demnächst schwanger werden wird und dann in 15 Jahren alleinerziehende, aber glückliche Mutter sein wird.

Dieser Eingriff in die Zukunft entwickelt sich für Emma und Josh zu einem Wettbewerb, wer in 15 Jahren ein besseres Leben haben wird. Beide Jugendliche beginnen nun ein gefährliches Spiel, um zu testen, was geschieht, wenn z.B. Emma Josh ganz spontan küsst. Doch hier ist Joshs Toleranzgrenze erreicht.

Die unterhaltsame, eigenwillig konstruierte Handlung des Romans basiert auf einer originellen Zukunftsreise, die den Leser in Atem hält. Je nachdrücklicher Josh und Emma das eigene Glück beschwören wollen, auf die existentiellen Fragen des Lebens eingehen und auf ihre Zeit in 15 Jahren fixiert sind, um so bewusster reagieren sie auf das, was in der Gegenwart mit ihnen geschieht. Der Gedanke, dass die Gegenwart in starkem Maße all das, was in der Zukunft geschehen wird, beeinflusst, ist vielleicht zu kurz gegriffen.

Und doch, Josh und Emma bringt die unerklärliche Website Facebook zum Nachdenken über das, was sie wirklich fühlen und wollen.