Susanne Jansson: Winterwasser, TB, Aus dem Schwedischen von Lotta Rüegger und Holger Wolandt, Penguin Verlag, München 2025, 304 Seiten, €18,50, 978-3-328-10913-6

„Theorien in Bezug auf Adam drangen nicht zu ihm durch. Er ließ Maya einfach reden, nicht, weil er plötzlich glaubte, dass sein Sohn vielleicht noch lebte, sondern weil er gelernt hatte, ihre Anwesenheit mehr zu schätzen als ihre Abwesenheit.“

An der Westküste Schwedens auf einer kleinen Insel namens Orust wohnen Martin, seine Frau Alexandra und die Kinder Adam und Nellie. Martin betreibt nicht sonderlich erfolgreich eine Muschelfarm, wofür er sich das Geld auch noch bei seinem wortkargen Vater leihen musste. Er wohnt im Sommerhaus der Eltern am Meer, dass er hergerichtet hat. Es könnte ein einfaches wie friedliches Leben sein, wären da nicht die Nachbarn, ein Brüderpaar, dass vehement gegen die Muschelfarm hetzt. Und dann geschieht das Unglück, Martins dreijähriger Sohn Adam verschwindet am 11. Januar von einer Sekunde auf die andere. Nach langen Suchaktionen findet man einen Stiefel des Kindes und sein rotes Eimerchen im Wasser. Martins Leben steht still. Er verliert jeden Halt und kann sich kaum um seine Tochter Nellie, die nur wenige Monate alt ist, kümmern. Gestützt wird der verzweifelte Mann von einer völlig fremden Frau, die er durch seinen Freund Robert kennengelernt hat. Maya wohnt nur vorübergehend auf der Insel und ist Fotokünstlerin, sie wird am Ende auch ihre Aufnahmen vom wechselvollen Meer in der Ausstellung „Winterwasser“ zeigen. Auch wenn sie es sich nicht so richtig eingestehen will, hat sie sich in Bäcke, ebenfalls ein Künstler, der auf Orust wohnt, verliebt. Die immer allein lebende Maya, die kaum eine innige Beziehung zu Kindern hat, berührt Martins Schicksal. Sie beginnt zu recherchieren und stellt fest, dass an diesem 11. Januar bereits vor Jahren zwei Kinder zu Tode gekommen sind. Jedes Mal haben die beteiligten Personen in dem Haus von Martin gewohnt. Es scheint wie ein Fluch zu sein und Martin steigert sich nach und nach in die Vorstellung hinein, dass das Meer und somit das erste tote Mädchen die Kinder gerufen habe. Da Maya als Polizeifotografin in New York gearbeitet hat, kennt sie die Polizeiarbeit und befragt Menschen, die den damaligen Toten nahe standen. Martin wechselt aus seiner depressiven Phase in eine überaktive und nun versinkt Alexandra, die bisher für Nellie gesorgt hat, in die Dunkelheit. Als dann auch noch das alte Handy gefunden wird, mit dem Adam kurz vor seinem Verschwinden gespielt hat, nimmt die Geschichte wieder Fahrt auf und entwickelt sich in eine Richtung, die kaum zu vermuten war.

Einfühlsam beschreibt Susanne Jansson, die leider 2019 viel zu früh verstorben ist, wie Menschen mit dem Verlust eines Kindes einfach nicht klarkommen können. Die schwedische Autorin beschränkt sich auf nur wenige Figuren und konzentriert sich eher auf das Innenleben von Martin und Alexandra und die äußeren Aktivitäten Mayas, die zur Klärung beitragen werden.

Ungewöhnlicher, absolut lesenswerter Thriller!