Amy Efaw: Eine Tat wie diese, Aus dem Amerikanischen Anja Malich, TB, Carlsen Verlag, Hamburg 2012, 410 Seiten, €12,90, 978-3-551-31081-1

„Ein einziges Mal war sie berührt worden. Und alles, was diese Berührung ihr eingebracht hatte, waren Angst, Enttäuschung und Selbstverachtung gewesen. Und unendliche Einsamkeit.“

Die 15-jährige Devon Davenport wird in Tacoma verhaftet und in die Jugendstrafanstalt überführt, ein Mädchen, das sich immer um sehr gute Noten in der Schule bemüht hat, aktiv im Verein Fußball spielt und als Babysitter verantwortungsbewusst ihrer Aufgabe nachgegangen ist. Devon hat nie etwas Falsches gemacht und nun könnte die Anklage auf lebenslänglich plädieren.
Doch was ist Devon geschehen, da sie offensichtlich allein ein Baby zur Welt gebracht hat und dieses in ihrer Verzweiflung in der Mülltonne entsorgen musste?

Immer schon auf sich gestellt, die Mutter arbeitet nachts und wechselt ihre Liebhaber häufig, steht Devon nun vor einem Problem, das sie nicht allein bewältigen kann.
Das Mädchen hat sich, um die Schwangerschaft zu ignorieren, selbst in einen Kokon eingesponnen und ist immer mehr vereinsamt. Sogar ihre beste Freundin Kait kommt nicht mehr an sie heran.
Nach und nach erfährt der Leser die Geschichte hinter der Tat, lernt Devons Lebenssituation immer besser kennen und verstehen. Er weiß, was sie denkt, im Gegensatz zu ihren Gesprächspartner, wie ihrer Verteidigerin Dom, die mit Mühen und Provokationen gegen Devons defensive Haltung ankämpft. Das Mädchen will sich an nichts erinnern, über nichts reden, nicht über ihre Mutter, nicht über Connor, den Vater des Babys, nicht über Sex, über gar nichts.
„ Ich wusste wirklich nicht, dass ich schwanger bin.“ beteuert Devon und langsam beginnt der Leser ihr zu glauben.

Doch für Devon wird es eng. Es geht um die Entscheidung, ob Devons Tat nach dem Erwachsenenstrafrecht, so der Antrag des Staatsanwaltes, oder dem Jugendstrafrecht beurteilt wird.
Devons Mutter kümmert sich um ihr Kind weder im Krankenhaus, noch später in der Zeit im Gefängnis. Sie scheint wie vom Erdboden verschwunden. Wie ihre Tochter hat Devons Mutter mit 17 Jahren entbunden und ihr Zuhause ohne Blick zurück verlassen. Wenn Devon eines hasst, dann ist es das unstete Leben der Mutter, die wechselnden Männer, die labile finanzielle Situation, die Räumungsklagen, die Angst.

Wenn Devon eins nie wollte, dann so zu sein, wie ihre lebensfrohe, leichtsinnige und sehr junge Mutter. Als sie den 15-jährigen Connor in diesem Sommer kennen lernt, da ist sie glücklich bis zu dem Zeitpunkt, wo alles aus dem Ruder läuft.

Abschottung und Verdrängung scheinen Devons einzige Möglichkeiten zu sein, um sich der Schwangerschaft gedanklich nicht zu stellen. Panik, Unsicherheit, Angst und qualvolle Einsamkeit nimmt sie in Kauf, um die nicht mehr umkehrbare Tatsache irgendwie durchzustehen. Doch nicht nur Devon hat die Augen verschlossen, auch ihre Umgebung wollte nicht sehen, was mit dem Mädchen geschehen sein könnte.

Amy Efaw erzählt detailliert und hautnah im Präsens, ergänzt durch Reflexionen und Erinnerungen, von Devons konfliktreichem Leben, der demütigenden Zeit im Gefängnis und den Verhandlungen, in denen Devon im orangefarbenen Overall mit Fußfesseln vorgeführt wird. Feinfühlig und psychologisch überzeugend zeigt die amerikanische Autorin, warum ihre Protagonistin so und nicht anders handeln konnte. Und sie offenbart dem Leser, dass auch Devons Mutter, bei allen persönlichen Schwierigkeiten und Schicksalsschlägen, mit einem völlig falschen Selbstbild durchs Leben geht. Mit Empathie folgt der Lesende dieser fiktiven Geschichte, die so oder anders möglicherweise im wahren Leben geschehen könnte.