Lissa Price: Starters, Aus dem Amerikanischen von Birgit Ress-Bohusch. Ivi im Piper Verlag, München 2012, 400 Seiten, €15,99, 978-3-492-70263-8

„ Ich fand sie nett, aber eine enge Freundschaft mit einer 150-Jährigen stand nicht an oberster Stelle meiner Prioritätenliste. Ich wollte nur die letzten beiden Wochen meines Vertrages erfüllen, ohne über unerwartete Hindernisse wie Mordanschläge zu stolpern.“

In ferner, hochtechnisierter Zukunft hat sich ein sogenannter Sporenkrieg auf dem Gebiet der USA ereignet, der die mittlere Generation völlig ausgelöscht hat. Zurück bleiben die Alten ( Enders ) und die Minderjährigen ( Starters ) in einer futuristischen Welt, in der die Schere zwischen den extrem Reichen und bitter Armen weit klafft. Alle Minderjährigen ohne Angehörige werden ohne jegliches Mitleid in Heime verfrachtet. Die 16-jährige Callie Woodland vegetiert mit ihrem kranken, jüngeren Bruder Tyler immer auf der Flucht vor Marshalls und kriminellen Renegaten in nicht mehr genutzten Häusern. Sie ernähren sich aus Abfalleimern und von Spenden.

Um sich endlich aus dem Elend zu befreien, beschließt Callie ihren jugendlichen Körper an das Unternehmen Prime Destinations gegen ein hohes Honorar zu vermieten. Die superreichen Ender, die immerhin 200 Jahre alt werden können, zahlen für eine Reise in die Jugend. Dafür wird den Spendern ein Chip im Gehirn implantiert, um Kontakt zum Ender aufzunehmen. Der Jugendliche fällt in einen Schlaf und der alte Mensch amüsiert sich in seinem Körper. Denn was sollen die wohlhabenden Enders auch tun? Aus Angst vor Ansteckung darf niemand mehr das Land verlassen und sogar Mexiko hat sich mit einer hohen Mauer vor den USA abgeschirmt.

Treten bei den ersten Körperkontakten zwischen Callie und der Ender keine Komplikationen auf, so erwacht Callie beim dritten Tausch viel zu früh. Um ihre Geldzahlung nicht zu gefährden, spielt sie Helena Winterhill, die alte Frau, die sich ja laut Vertrag in ihrem Körper befindet. Außerdem vernimmt sie immer wieder phasenweise die Stimme der Mieterin in ihrem Kopf. Unerwarteter Reichtum eröffnet sich für Callie, die Tage zuvor noch im Dreck nach Essen gewühlt hat. Allerdings erhofft sich Callies Mieterin Helena nicht nur Spaß, sie, und das erfährt Callie durch den defekten Neuroship, will ihren Körper nutzen, um einen Mord zu begehen.

Helena hat es auf den Senator Clifford Harrison abgesehen. Erneute Blackouts werfen Carrie immer wieder aus der Bahn, bis sie mit einem Gewehr im Anschlag erwacht.
Callie erfährt von Helena per Kopfsprache, dass ihre Enkelin Emma in den Fängen der Body Bank, der Prime Destinations, ums Leben gekommen ist. Außerdem wird klar, dass die skrupellose Body Bank sich per Gesetz – durch den Senator eingebracht – weiterhin an jungen Menschen vergehen will. Nun soll es den Superreichen nicht nur möglich sein, einen jungen Körper zu mieten, sie können ihn kaufen.
Callie ahnt, dass sie als Helenas private Killermaschine, etwas gegen diese unheilvolle Entwicklung tun muss. Sie weiß jedoch nicht, wer all ihre Schritte bereits überwacht.
Äußerst geschickt baut die amerikanische Autorin Lissa Price immer wieder unverhoffte Wendungen in ihre temporeich erzählte Handlung ein. Nie ist klar, wer wirklich in den Körpern steckt, die sich dem Lesenden als eingeführte Figuren präsentieren. Die permanent unbehagliche Stimmung beim Lesen erhöht auf jeden Fall die Spannung. Lissa Price erzählt dabei überzeugend von Callies Identitätsfindung unter horrorähnlichen Umständen. Und sie versteht es, den hochtechnisierten Entwicklungsstand der Zeit, die Hoffnung der reichen Alten auf Unsterblichkeit und die entbehrungsreiche Seite der jungen, ungeschützten Menschen in einer plausiblen Story zu verbinden.

Ab und zu tappt die Autorin in ihrem Debüt sprachlich in die Kitschfalle. Was natürlich nicht fehlen darf, ist eine Liebesgeschichte. Sie durchzieht Callies abenteuerlichen Weg, der mit dem ersten Band, wie kann es anders sein, noch nicht zu Ende ist. „Enders“ wird der 2. Band heißen und im Herbst 2012 erscheinen.