Thomas Fuchs: Treffpunkt Irgendwo, Arena Verlag, Würzburg 2012, 252 Seiten, €12,99, 9783401066783

„ Es zählte nur noch Leistung, schnell-schnell, tausend oberflächliche Freunde bei Facebook, wenn alles vertwittert wird, geht das Wesentliche unter.“

Zwei Jugendliche aus verschiedenen sozialen Welten treffen aufeinander und ziehen sich trotz aller Gegensätze an: Jana, die wohlbehütete, leistungs- und willensstarke 17-Jährige mit intaktem Elternhaus, wohnhaft im beschaulichen Reihenhäuschen im ruhigen Berlin-Marienfelde und Len, ein radikalen Punker mit Iro aus Berlin-Mitte.
Als Jana Len hinterherjagt, um ihr geklautes Handy zurückzuerobern, geraten die beiden in eine Polizeiaktion mit Hausräumung. Janas Personalausweis wird gescannt und sie hat eine Ladung vom Polizeipräsidenten Tage später im Briefkasten.
Len hat mit seinem unverschämten Lächeln jedoch nicht nur das Handy zurückgegeben, er hat auch in Jana etwas ausgelöst. Neugier, ein Helfersyndrom, Liebe?
Wie rutscht jemand so tief nach unten? Was geht in seinem Kopf vor?
Jana sucht immer wieder den Kontakt zu Len und schwankt zwischen Anziehung und Abstoßung, schämt sich vor ihren Freundinnen zuzugeben, dass sie für Len Empfindungen hat. Lens Weg zum Punk wird in kursiven Passagen mit einem selbst geschriebenen Lebenslauf und einem Interview voller Plattitüden durchleuchtet.
Ein desinteressiertes Elternhaus, dass die Wende nicht verkraftet hat, das Versagen der Lehrer, die sich von den Schülern drangsalieren lassen, weil sie Angst haben, dass ihre Stasi-Vergangenheit aufgedeckt wird, all diese Hinweise auf Lens Werdegang überzeugen kaum.

Und doch fesselt diese Geschichte den Leser, denn Jana spürt Lens Einsamkeit und kämpft für ihre Liebe. Sie stellt sich gegen ihr, ach so verständnisvolles Lehrerelternpaar, die Toleranz für Hausbesetzer zeigen, so lange der „Kriminelle“ nicht in ihrem Haus steht und sie verteidigt Len vor ihren Freundinnen. Aber sie setzt sich auch mit seinen fatalistischen Ansichten auseinander, stellt ihr eigenes Lebensmodell in Frage und möchte dem lethargischen Len, der von der Sehnsucht nach Freiheit redet und am liebsten passiv abhängt, am liebsten in den Hintern treten.

Len verweigert jedoch jeden Neuanfang. Er verkriecht sich, auch vor der Polizei, klebt an seinen Kumpels, die ihm nichts bedeuten und kann auf alles nur antworten: „Ist doch auch egal, oder?“ Jana beißt sich die Zähne aus, es scheint hoffnungslos zu sein.

Und doch findet der Berliner Autor Thomas Fuchs einen Weg, um diese beiden Liebenden eine Zukunft zu öffnen. Das ist sicher die Stärke des Romans, Jana und Len durchleben eine Entwicklungsprozess, in der ihre Sicht auf ihre unmittelbare Umgebung sich verändert. Beide machen einen radikalen Schnitt und finden offenbar zueinander. Überzeugend sind auch die Dialoge, denn Jana und Len sind literarische Figuren, die authentisch sind und genauso reden wie Jugendliche.