Seita Parkkola: Wie können alles verlieren oder gewinnen, Aus dem Finnischen von Elina Kritzokat, Beltz & Gelberg Verlag, Weinheim 2012, 336 Seiten, €14,95, 978-2-407-82013-6

„Es war ein Albtraum. Es war ein Film ab achtzehn, in den man mich trotzdem gezwungen hatte, obwohl er mir sogar in der Fernsehfassung zu hart gewesen wäre.“

Der 12-jährige Taifun gilt als schwererziehbar und landet als allerletzte Chance im Haus der Möglichkeiten, einer Schule mit ungewöhnlichem pädagogischem Konzept.

Aber Taifun, der auch der Erzähler dieser ungewöhnlichen Geschichte ist, fühlt sich eher wie im Gefängnis. Seine Eltern sind geschieden und sein entscheidungsunfähiger Vater lebt nun mit Ira Frost. Sie hat Taifun an diese Schule gebracht. Alle meinen es so gut mit dem Jungen. Doch wessen hat sich Taifun schuldig gemacht. Er liebt sein Skateboard und er haut ab, wenn er Züge sieht.

An der Schule wird Taifun ein „guter Freund“, Aron, zugeteilt, er wird gezwungen in der Freizeit Fußball zu spielen und sein Skateboard wird eingezogen. Bei Verfehlungen folgt ein Strich dem anderen und wenn das Galgenmännchen fertig ist, dann erwartet den Delinquenten die Bestrafung. Schikanen, öffentliche Demütigungen, Bevormundung, Freiheitsentzug und vor allem Gehirnwäsche zeichnen das Verhalten der Lehrer aus.

Taifuns Strafe ist eine Freundin, die ihn nun auf Schritt und Tritt begleiten und bespitzeln wird. Aber Taifun ist zu clever, um sich wirklich alles gefallen zu lassen. Als seine Mutter jedoch einfach die Stadt verlässt und auch der Vater verschwindet, gerät der Junge zeitweilig aus dem Gleichgewicht. Emotional angeschlagen, glauben die Lehrer, könnten sie Taifun „auf den richtigen Weg“ bringen.

Inzwischen hat Taifun auf dem nahe gelegenen Fabrikgelände, das jedoch nur noch eine Ruine ist, India getroffen. Sie und noch weitere Kinder haben sich ihr eigenes Leben ohne Erwachsene gesucht, fern den Repressalien der Schule.

Taifun ahnt nicht, dass er der Lockvogel ist, der die Behörden auf die Spur der Kinder, auf deren Ergreifung auch noch ein Kopfgeld ausgesetzt ist, bringt. Nach und nach durchschaut Taifun das System und steht doch durch seine „Verfehlungen“ immer wieder am Pranger und wird sogar mit dem Mal der Schande bedacht, einem Abzeichen, dass ihn zu einem vogel- und gesetzesfreien Schüler macht.

Als klar wird, dass Taifun die Kinder, ohne es zu ahnen, verraten hat, beginnt sein persönlicher Kampf gegen die Schule.
Er ahnt auch, es geht nicht mit rechten Dingen im Haus der Möglichkeiten zu und wenn von ihm eine Totenmaske angefertigt wird, dann ist er nicht mehr Herr seiner Sinne und sein freier Wille wurde geraubt.

Die finnische Autorin Seite Parkkola singt in ihrem Kinderbuch ein Loblied auf den Ungehorsam, das selbstständige Denken und vor allem auf die Freiheit.
Taifun, India und die anderen Kinder wehren sich gegen die dunkle Macht der Erwachsenen mit ihren ganz eigenen Mitteln. Zeitweilig muss man beim Lesen an Louis Sachars Roman „Löcher“ denken, denn auch hier wird eine Realität entworfen, die möglich sein könnte.

Gemeinsam finden die Kinder einen Weg, um der Hexe Ira Frost und ihren Helfershelfern das Handwerk zu legen.

Die Ohnmacht der Eltern, die sich nicht mehr zu helfen wissen, ist schon erschreckend. Auch Taifuns Einschätzung: „Manchmal muss man auf Erwachsene aufpassen. Sie lassen sich furchtbar leicht reinlegen, denn sie wollen so gern an etwas glauben. Parolen und Werbesprüchen gegenüber sind sie oft so machtlos.“

Mögen die Kinder schlauer sein!